Geht es der Medienvielfalt nun an den Kragen?

LOKAL-Verteilung 2022: Mittelbayerische Werbegesellschaft lehnt kurz vor Jahresende weiteren Verteil-Auftrag für das kommende Jahr ab

Julia Krempl, Herausgeberin von LOKAL – das blatt ihrer region


Liebe Leserinnen und Leser,
Liebe Werbepartnerinnen und Werbepartner,
Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist gut möglich, dass Sie „LOKAL – das blatt ihrer region“ am Samstag, den 11. Dezember 2021, zum letzten Mal wie gewohnt aus Ihrem Briefkasten geholt und zum Lesen vor sich aufgeschlagen haben.

Warum? Wir stehen nach vier Jahrzehnten Verlagsgeschichte an einem entscheidenden Wendepunkt – und wissen ehrlich gesagt jetzt in diesem Augenblick, während ich diese Zeilen schreibe, noch nicht, ob und wie rund 27.000 Exemplare von LOKAL auch im Jahr 2022 an alle Haushalte im Städtedreieck Burglengenfeld – Teublitz – Maxhütte-Haidhof, bis nach Klardorf, Steinberg am See und Schwandorf Süd, in Kallmünz, Holzheim a.F., Duggendorf, Regenstauf und Zeitlarn verteilt werden können.

Kurz vor dem Druck unserer Weihnachtsausgabe hat uns eine Nachricht erreicht, die uns im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen weggezogen, uns unfreiwillig mitten in tiefgreifende Veränderungen der bayerischen Medienlandschaft gebracht und damit zudem vor die Existenzfrage gestellt hat.

Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Die Verlagsgruppe um die „Passauer Neue Presse“ (PNP) hat den Mittelbayerischen Verlag mit der „Mittelbayerischen Zeitung“ komplett übernommen. „Durch das Geschäft entsteht unter dem Dach der Verlagsgruppe Passau ein durchgängiges Verbreitungsgebiet vom Osten Bayerns bis nach Ingolstadt in Oberbayern mit dem dort vor knapp fünf Jahren gekauften “Donaukurier”“, teilte die PNP am 26. Oktober 2021 auf ihrer eigenen Website (Link auf https://www.pnp.de/lokales/stadt-und-landkreis-passau/passau-stadt/Verlagsgruppe-Passau-darf-Mittelbayerische-in-Regensburg-uebernehmen-4145389.html) mit.

Vom Verkauf der MZ an die PNP ist LOKAL direkt betroffen: Über die Verteilung des Mittelbayerischen Verlags (mit der Samstagsausgabe der Rundschau) wurde LOKAL in den vergangenen Jahren von deren Zustellerinnen und Zustellern zu Ihnen nach Hause gebracht. Nun wurde uns Anfang Dezember von der Mittelbayerischen Werbegesellschaft, einer Unternehmensgruppe des Mittelbayerischen Verlags, nach einigen Telefonaten schriftlich mitgeteilt: „Wie besprochen wurde unser Medienhaus vor Kurzem verkauft und im Zuge dieser Übernahme verändern sich Regularien in unserem Angebots- und Dienstleistungsportfolio. Ab dem 01.01.2022 nehmen wir keine Beilagen mehr zur Verteilung entgegen, in denen Werbung Dritter (sogenannte Fremdwerbung) enthalten ist. Insofern können wir Ihr Produkt „Lokal“ ab diesem Zeitpunkt nicht weiter verteilen. Wir bitten um Verständnis und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute.“

Das heißt im Klartext: Eine langjährige Geschäftsbeziehung wird quasi von heute auf morgen aufgekündigt, einseitig beendet. Und das äußerst kurzfristig, ohne vorherige Hinweise und die Chance, sich darauf vorzubereiten. Unsere langfristigen Planungen für das Jahr 2022, abgestimmt auf die Interessen sowohl unserer Leserinnen und Leser als auch unserer Werbepartnerinnen und Werbepartner, sind damit erst einmal auf Eis gelegt. Im schlimmsten Fall sogar zunichtegemacht.

LOKAL war nie ein Produkt „to go“, war also nie eines der vielen Magazine zum Mitnehmen. Es war vier Jahrzehnte lang unser Markenzeichen, dass LOKAL zu Ihnen nach Hause kommt. Wir können uns die Aufkündigung der Verteilung durch die neuen MZ-Eigentümer aus Passau nicht anders erklären: Offenbar geht es darum, Mitbewerber im hart umkämpften Anzeigenmarkt gezielt vom Markt zu fegen. Denn nach unseren Informationen soll nicht nur die Verteilung von LOKAL eingestellt werden. Auch andere, ähnliche kleine Anzeigenblätter in der Region, sind von dieser knallharten Entscheidung betroffen. Die Verteilung der Mitteilungsblätter der Städte Maxhütte-Haidhof und Teublitz stand ebenfalls auf der Kippe. Jedoch haben diese noch eine Übergangsfrist für das kommende Jahr erhalten – glücklicherweise.

Sind kleine Gemeinde- und Mitteilungsblätter, sind kleine Anzeigenblätter wahrhaftig eine Konkurrenz für ein so großes Medienimperium? Kleine Betriebe, die mit kleinem Geld durch unsere lokalen Blätter auf sich aufmerksam machen können, werden so zu neuen Anzeigenkunden der großen Tageszeitung? Glauben die „klugen Köpfe“, die sich das ausgedacht haben, wirklich daran? Wie man es auch dreht und wendet: Für uns ist dieses Handeln nicht nachvollziehbar. Wenn ich für LOKAL spreche: Wir sehen uns nicht als Konkurrenz.

Als Verlegerin eines eigenen Printmediums ist mir die Medienvielfalt in unserer Region ein großes Anliegen, und ich schätze auch die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen sehr. Seien es in unserer Region die großen Tages- und Wochenzeitungen, das Publicmagazin, der Regental-Anzeiger, die B16-aktuell oder unsere städtischen Gemeindeblätter, die alle unsere Bürgerinnen und Bürger informieren, unsere Geschäftswelt präsentieren – alle sind meiner Meinung nach wichtig für die bunte Medienlandschaft zum Anfassen in unserer Region, für unser „dahoam“.

40 turbulente Jahre … (Link auf https://lokalnet.de/nachrichten/40-turbulente-jahre) – so begann am 25. Januar 2021 unser Rückblick auf die Geschichte unseres kleinen, aber mit viel Liebe zur Region und ihren Menschen gemachten Blattes. Hart umkämpft waren die Medienbranche und der Anzeigenmarkt schon immer. LOKAL hat es dank der Unterstützung vieler treuer (Werbe-)Partnerinnen und -Partner und ebenso treuer Leserinnen und Leser geschafft, in diesem hart umkämpften Markt zu bestehen, mit den Herausforderungen zu wachsen, Höhen und Tiefen zu meistern und aus Krisen gestärkt hervorzugehen.

LOKAL stand und steht seit 40 Jahren auch für Fairness: In der Berichterstattung, auch wenn die Themen noch so kontrovers waren. Und in der Werbung – treu und zuverlässig an der Seite unserer Anzeigenkunden, immer mit fairen Preisen, immer mit persönlicher Beratung und nicht selten mit einem Zuckerl obendrauf. Kunden sind bei uns eben nicht nur Kunden, sondern echte Partner und jahrelange, teils jahrzehntelange Wegbegleiter. Die von uns stets gelebte Fairness zeigt die MZ unter Passauer Führung nicht (mehr). Wobei wir betonen wollen: An unseren bisherigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der MZ hat es nicht gelegen …

40 turbulente Jahre haben wir schon erfolgreich bestanden. Und auch jetzt werden wir nicht klein beigeben. Wir prüfen aktuell Alternativen, wie wir die Verteilung von LOKAL an alle Haushalte in unserem Verbreitungsgebiet auch in Zukunft sicherstellen können. Es gibt bereits einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass LOKAL diesen „Blitz-Wandel“ organisatorisch und vor allem finanziell schaffen kann. Gerne halten wir Sie hier auf dem Laufenden, wie es weitergeht!

Zu unserem Verständnis von Fairness gehört es, Sie, liebe Leserinnen und Leser, liebe Werbepartnerinnen und Werbepartner, offen und ehrlich über die existenzbedrohende Lage zu informieren, in die wir nun unverschuldet und unfreiwillig geraten sind.

Wir wollen, dass Sie wissen, wie sich Veränderungen in der großen bayerischen Medienlandschaft ganz konkret vor Ort im vermeintlich Kleinen auswirken. David gegen Goliath – wir wollen das auch in Zukunft weiter probieren.

Erste positive Signale aus den Rathäusern und von den Gewerbetreibenden aus der Region haben uns bereits erreicht – wir wissen das sehr zu schätzen und bedanken uns von Herzen für die Unterstützung.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Fest und vor allen Dingen ein gesundes neues Jahr.

Ihre Julia Krempl

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