Kommentar: Youngsters for Future!

INGRID LIEZ …

In den 80er Jahren war ich in meinen Zwanzigern. Schon damals ging es in der öffentlichen Diskussion darum, die Emission von Treibhausgasen einzuschränken. Um 1985 sprossen überall Bioläden wie Pilze aus der Erde, mit „Öko“ war man voll im Trend, es gab Jutesäcke und Birkenstock-Latschen.

Mit Körnern kochen war „in“ ebenso wie der Trend zu einem natürlichen Lebenswandel. Klein zusammenfaltbare Nachfüllpackungen für Waschmittel schafften es sogar bis in die TV-Werbung, FCKW-freie Haarsprays wurden der große Renner.

Gleichzeitig warnte uns schon damals ein Heer von Wissenschaftlern davor, dass die Erde immer wärmer und das Ozonloch immer größer würde. Wissenschaftliche Meldungen in der Presse vom Anstieg der Meeresspiegel, dem Abschmelzen der Polkappen und dem Absterben der Wälder durch ein aus der Balance geratenes biologisches Zusammenspiel wurden einerseits mit kollektivem Erschrecken kommentiert, andererseits als Hysterie abgetan. „Köln wird Küstenstadt!“, prophezeite eine damalige Freundin mit düsterer Miene.

Naja, das mit dem Ozonloch haben wir wohl geschafft. Und sonst? Sicherlich ist einiges passiert, doch im Großen und Ganzen ist alles beim Alten geblieben. Der Verkehr ist global sogar noch explodiert, der Regenwald wird weiter abgeholzt und ein Herr Trump steigt sogar mit der USA aus dem Pariser Klimaabkommen aus.
Wir, die wir vor 30, 40 Jahren jung waren, haben wir zu wenig getan, waren wir zu wenig idealistisch, progressiv und tatendurstig?

Mal ehrlich – ich glaube schon, dass wir uns das vorwerfen müssen. Der Großteil von uns hat sich von dem konventionellen Lebensmodell „Karriere, Geld, Haus und teure Urlaubsreisen“ verführen lassen. Unsere Träume von einer gesünderen und heileren Welt sind versandet, wir haben sie einer kleinen Minderheit mit dem Gedanken überlassen: „Wird schon.
Was kann schon groß passieren? Gott sei Dank – wir hier in der Festung Europa haben ja unsere Schäfchen im Trockenen, uns geht es gut und das ist die Hauptsache.“ Der Rest wird hinter die Bildschirme verdrängt! Getrost wählt ein Großteil von uns diejenigen Parteien, die dieses Lebensmodell verkörpern.

Die Politik der Großen Koalition der letzten Jahre (Jahrzehnte) bestärkt im Grunde diese Haltung, hofiert den großen Unternehmen und der Wirtschaft und der Macht des Geldes. Dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, wobei es immer mehr Arme gibt, ist mittlerweile eine Binsenweisheit.

Ich glaube nicht, dass wir hier sicher sind! Die Konsequenzen aus dem Klimawandel werden auch uns treffen, nicht nur wettertechnisch, sondern auch in Form von wirtschaftlichen Zusammenbrüchen und weiteren Heeren von (Klima-)Flüchtlingen.

Heute ist eine andere Generation jung. Zum Glück sind auch sie noch begeisterungsfähig, sind sie doch noch nicht hinter der gleichgültigen Fassade eines unbegrenzten Wohlstands verschwunden. Fast hätten wir es ihnen nicht zugetraut – haben wir es ihnen doch so anerzogen, egoistisch zu sein und nur hinter Geld, Sicherheit und einem „guten“ Leben herzujagen.

Jetzt gibt es „Fridays for Future“ und Videos von Rezo und Co., die endlich einmal klar und deutlich sagen, was Sache ist, nicht nur in Bezug auf die Klimadebatte. Direkt und unverfälscht – und sogar durch eine Masse an wissenschaftlichen Quellen bestätigt – wirkt Rezo auf eine frappierende Weise entlarvend, ohne irgendetwas zu verdrehen oder „verkaufen“ zu wollen, wie so viele alteingesessene Politiker, die sich hinter ihrer Polemik verstecken. Natürlich hagelt es Kritik, natürlich wollen die Altvorderen und ihre Anhänger jetzt das, was die Jugend denkt, kleinreden.
Doch die Quittung gab es bei der EU-Wahl: Die meisten jungen Wähler/-innen haben Grün und verwandte Parteien gewählt, die über 70-Jährigen haben den größten Anteil an „Schwarz“.

Gott sei Dank hat den Jungen schon immer die Zukunft gehört. Jetzt gibt es wieder Hoffnung für diese Welt.

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