Pommes und Kirschen – oder: Digitalisierung an der OTH Regensburg

Auftakt zur Veranstaltungsreihe „OTH Regensburg STADTnah“ / Weitere Vorträge folgen

REGENSBURG (sr). Was eine Pommesbude mit Big Data zu tun hat und die Kirschenernte mit Robotik und höherer Mathematik, das erfuhren die Teilnehmer*innen in den Räumen des MINT-Labs Regensburg e.V. im Rubina. Dort war am Dienstag, 12. Oktober 2021, Auftakt zur Vortragsreihe „OTH Regensburg STADTnah“, die die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens als Fachhochschule mit Unterstützung der Stadt Regensburg auf die Beine gestellt hat. Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß von der Stadt Regensburg war davon mehr als angetan: „Sie sehen einen begeisterten, stolzen und glücklichen Wissenschaftsreferenten vor sich.“

Freuten sich über einen gelungenen Auftakt von „OTH Regensburg STADTnah“ im Rubina (v.li.): Prof. Dr. Wolfgang Baier, Dr. Nicole Litzel, Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß, Prof. Dr. Martin Weiß, Prof. Dr. Johannes Schildgen, Prof. Dr. Christoph Skornia und Prof. Dr. Christoph Palm. Foto: Stadt Regensburg, Effenhauser

„Möchten Sie vielleicht Pommes zu den Pommes?“ Dr. Johannes Schildgen, Professor für Datenbanken
mit dem Schwerpunkt Big Data an der OTH Regensburg, erläuterte, wie das Empfehlungssystem von Amazon funktioniert und wie man dies auf eine Pommesbude übertragen kann. Volume, Velocity, Variety, Veracity: Schildgen zeigte, wie die Analyse von Big Data Muster, Trends, Zusammenhänge und Unregelmäßigkeiten sichtbar macht – und das auf äußerst unterhaltsame Art und Weise.

Damit alle Studierenden unabhängig von der Fachrichtung, die sie für ihr Studium gewählt haben, selbst mit Datenbanken arbeiten, programmieren und digitale Tools nutzen können, entwickelt die OTH Regensburg an ihrer Regensburg School of Digital Sciences (RSDS) ein Zusatzstudium über drei Semester. „Build digital competence and explore Digital Sciences“ (BeDiSc) heißt das Forschungsprojekt. Im Zentrum steht eine Lernbox mit, so Prof. Schildgen, „lauter coolen Sachen“ wie Lego-Robotern oder einem Kit als erstem Zugang zum Internet der Dinge.

Weltweit führend ist die OTH Regensburg in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Augsburg, wenn es um den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin geht. Genauer: Um die Früherkennung von Barrett-Ösophagus, einer Entzündung der Schleimhaut der Speiseröhre, die nicht selten eine Vorstufe einer Krebserkrankung ist. Dr. Christoph Palm, Professor für Medizinische Bildverarbeitung, zeigte, wie er und sein Team aus Doktoranden und Studierenden am Labor Regensburg Medical Image Computing (ReMIC) mit der computergestützten Analyse von medizinischen Bilddaten arbeiten. Die in Regensburg entwickelte KI hilft, das Barrett-Syndrom oder ein Karzinom bei einer Endoskopie in Echtzeit zu erkennen und gibt Medizinerinnen für den Fall, dass eine Operation nötig ist, Tipps zur optimalen Durchführung. Klar ist für Prof. Dr. Palm dabei, dass die KI nur „ein kleiner Zusatzarzt“ ist, der etwa niedergelassenen Gastroenterologinnen, die nur selten mit Barrett-Ösophagus konfrontiert werden, bei der Diagnose und den weiteren einzuleitenden Schritten eine Hilfe ist. Oder anders: Die Entscheidung, was genau zu tun ist, treffen Ärzt*innen, nicht die KI.

Vom OP-Saal ging es im Anschluss mit Dr. Martin Weiß in den heimischen Garten zur Kirschenernte. Dieses anschauliche Beispiel nutzte der Professor, um den Einsatz von Mathematik in der Robotik zu verdeutlichen. Ein Roboter, der in der Industrie an Flugzeugrümpfen Löcher bohren oder Nieten setzen muss, stehe im Endeffekt vor den gleichen Herausforderungen, wie ein Kleingärtner bei der Kirschenernte: Viele zu erledigende Aufgaben (jede Kirsche ist ebenso ein Prozesspunkt, wie jede Niete), hoher Kraftaufwand, gefährliche Tätigkeit, mechanische sowie situationsbedingte Einschränkungen und letztlich die Frage: Wo ist der ideale Standort für den Roboter in der Industrie – und für den Kleingärtner und seine Leiter am Kirschbaum? Klingt logisch, bringt tatsächlich aber Studierende im 6. Semester Mathematik an ihre Grenzen, wenn sie feststellen, das herkömmliche Berechnungsmethoden der Optimierung hier nicht greifen. Prof. Dr. Martin Weiß jedoch hat das mathematische Problem gelöst und kommt augenzwinkernd zum Fazit: „Mit Mathematik sind alle Kirschen des Universums erreichbar.“ Der Roboter dient ihm also als Beispiel dafür, was sehr theoretische Dinge aus der Mathematik und der Informatik in der realen Welt bedeuten.

Dekan Prof. Dr. Christoph Skornia hatte zuvor die Entwicklung der Fakultät Informatik und Mathematik an der OTH Regensburg skizziert, der ersten Fakultät einer Fachhochschule in Bayern, an der man bereits ab 1973 Informatik studieren konnte. Auszeichnungen, Rankings und nicht zuletzt die interdisziplinäre Bündelung von KI-Knowhow im Regensburg Center for Artificial Intelligence (RCAI): „Wir sind mit rund 1900 Studierenden eine schöne, große und prosperierende Fakultät geworden“, sagte Skornia, und damit gut aufgestellt, die Zukunft der Digitalisierung in Regensburg und der Region mit zu gestalten.

Damit lag der Dekan auf einer Linie mit Prof. Dr. Wolfgang Baier. Der Präsident der OTH Regensburg machte deutlich, dass sich seine Hochschule in Lehre, Forschung und Transfer der Gesellschaft verpflichtet fühle. Das betreffe nicht nur den intensiven Austausch mit der Wirtschaft. Vielmehr wolle man die Bevölkerung anlässlich des Jubiläums teilhaben lassen an aktuellen Erkenntnissen und Errungenschaften. Prof. Baier dankte der Stadt Regensburg in Person von Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß und von Wissenschaftsbeauftragter Dr. Nicole Litzel dafür, dass im Rahmen von „OTH Regensburg STADTnah“ weitere spannende Vorträge an ebenso spannenden Orten folgen könnten.

Beantwortet werden dabei unter anderem folgende Fragen: Was können Bundesliga-Vereine von der Wirtschaft lernen? Wie wird Bayern klimaneutral? Was verraten Spuren der mittelalterlichen Bausubstanz des ehemaligen Stadtschreiberhauses? Ausführliche Informationen zu den Themen und Terminen gibt es auf der Webseite www.oth-regensburg.de/vortragsreihe. Dort ist auch die Anmeldung zu den einzelnen Veranstaltungen möglich, die unter anderem pandemiebedingt zwingend erforderlich ist.

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