„Burglengenfeld ist mein Zuhause!“

Das aktuelle LOKAL-Interview

BURGLENGENFELD (od). Am 5. Dezember 2021 schloss das Restaurant „Zum Jozef“ in Burglengenfeld für immer seine Pforten für die Gäste. Damit geht auch eine Ära jugoslawischer Küche in der Stadt zu Ende. Die vielen Stammgäste verabschiedeten sich herzlich von Jozef und Zdenka Kercmar.

Oskar Duschinger im Interview mit Gastwirt Jozef Kercmar.

Duschinger: Wie ging alles los mit dem Gastronomen Jozef?

Jozef Kercmar: Der Jozef ist gelernter Gastronom. Ich habe diesen Beruf in einem Hotel in Jugoslawien erlernt. 1972 kam ich über München nach Nürnberg und habe dort gleich am ersten Tag an meiner neuen Arbeitsstelle in einem Restaurant meine spätere Frau Zdenka kennengelernt, die dort ebenfalls beschäftigt war.

Duschinger: Und wie kamst du nach Burglengenfeld?

Kercmar: Nach einer kurzen Rückkehr nach Jugoslawien kamen wir 1974 nach Deutschland zurück und landeten kurzfristig in einem Opatja-Restaurant in Fürth und danach in Regensburg. Dort lernte ich den Schwager des Chefs kennen, der den Balkan-Grill in Burglengenfeld führte. Ich war dann des Öfteren bei ihm im Restaurant zu Besuch und lernte dabei auch Burglengenfeld immer besser kennen. Bisweilen half ich im „Balkan-Grill“ auch mit aus. 1976 stand der „Balkan-Grill“ wegen der Aufgabe des Besitzers zum Verkauf, worauf ich das Lokal spontan übernommen habe. Am 17. Februar 1986 eröffnete der neue „Balkan-Grill“ mit dem Wirt Jozef Kercmar.

Duschinger: Ein schwieriger Start in die neue Selbstständigkeit?

Kercmar: Es fehlt an allen Ecken und Enden. Ich musste Wein in Wassergläsern ausschenken und schämte mich dafür. Gleich nach dem Wochenende besorgte ich in der „Metro“ die passenden Gläser für die Getränke.

Duschinger: Welche Bedeutung hatte damals die jugoslawische Küche in der bundesdeutschen Gastronomie?

Kercmar: Fast Food war noch nicht bekannt, die italienische Küche kaum etabliert und die deutsche Gastronomie noch in der Entwicklung. Unser kleines Restaurant war nahezu jeden Tag ausgebucht. Wir verkauften oft über 100 Essen am Abend. Die Erinnerung an das Urlaubsland Jugoslawien spielte dabei eine bedeutende Rolle. Im September und Oktober, wenn die Menschen aus dem Urlaub zurückkamen, konnten wir uns vor Gästen kaum retten, die nochmals Cevapcici oder andere jugoslawische Gerichte probieren wollten.

Duschinger: Habt ihr neue Akzente gesetzt im „Balkan-Grill“?

Kercmar: Wir haben die Karte vom Vorgänger übernommen. Aber was meine Frau nun auf die Teller der Gäste brachte, das schmeckte einfach richtig gut. Wir haben von Anfang an gutes Fleisch von den hiesigen Metzgereien gekauft. Und – wir haben unsere Gäste wertgeschätzt.

Grillplatte für Zwei

Duschinger: Was war euer „Renner“ damals?

Kercmar: Der Grillteller war sehr beliebt. Es gab Gäste, die die Platte für zwei Personen ganz allein verdrückt haben. Ich habe geschmunzelt und mich gefreut, dass es den Gästen so gut schmeckt bei uns.

Duschinger: Zum Balken-Grill gehörte auch der „Stammtisch“. Welche Bedeutung hatte er für das Restaurant?

Kercmar: Der Stammtisch war immer besetzt. Zunächst saßen dort nur Busfahrer der Deutschen Bahn, die in Burglengenfeld übernachteten und nach Feierabend in den Balkan-Grill kamen. Dazu kamen persönliche Freunde und einige Stammgäste.

Duschinger: Am Stammtisch wurde über kommunalpolitische Themen heftig debattiert!

Kercmar: Da wurde manchmal auf Teufel komm raus gestritten. Ich musste immer mal wieder als Mediator einschreiten und die Gemüter beruhigen.

Duschinger: Es war oft schwierig einen Platz bekommen …

Kercmar: Wir hatten viele Gäste, die spontan vorbeikamen, ohne Anmeldung. Die ersten Gäste standen bereits beim Öffnen des Lokals um 17 Uhr vor der Tür. Theatergäste aus Regensburg suchten nach Mitternacht noch den „Balkan-Grill“ auf, denn sie wussten, dass wir noch bis 0.30 Uhr warme Küche hatten. Wenn die letzten Gäste das Lokal verlassen hatten, mussten wir noch die 100 Teller spülen, denn eine Geschirrspülmaschine hatten wir nicht.

Duschinger: Was kommt dir spontan in den Sinn, wenn du an dein Restaurant an der Naabbrücke zurückdenkst?

Kercmar: Einer Familie habe ich wohl das Leben gerettet, als ich sie bat, sich doch weiter vor zu setzen, weil es da wärmer und gemütlicher war. Kurz darauf krachte der Pkw einer jungen Frau durchs Fenster. Aufregend war auch das Jahr 1986, als das Anti-WAA-Festival in Burglengenfeld stattfand. Viele Wirte hatten ihre Fenster vernagelt, während ich die zum Teil exotischen Gäste gerne empfing. Das Lokal hatte an diesem Wochenende fast ununterbrochen geöffnet. Ich erinnere mich an einen Gast, der sein Fahrrad ans Haus gelehnt hatte. Auf dessen Gepäckträger gackerten drei Hühner in Käfigen. Nach jenem Wochenende hatten wir nichts Essbares mehr in der Küche.

Duschinger: Ich kann mich an eine Umfrage am Marktplatz erinnern, wo du dich öffentlich kritisch gegen eine WAA Wackersdorf ausgesprochen hast. Hat dir das als Wirt geschadet?

Kercmar: Es gab Gäste, die wegen meiner Anti-WAA-Haltung tatsächlich nicht mehr ins Restaurant kamen. Ich habe trotzdem weiterhin meine Meinung vertreten. Das war es mir wert! Ich hatte als Jugendlicher auch schon in Slowenien gegen die Zerstörung der Umwelt protestiert.

Lieblingsgericht Lamm

Duschinger: Wie kamst du zu deinem neuen Restaurant „Zum Jozef“?

Kercmar: Der „Balkan-Grill“ war baulich einfach am Ende. Ich kannte das Gebäude, das das Wirtshaus und die Metzgerei Würdinger beherbergte, und seinen wunderschönen Innenhof und konnte es zum Glück erwerben, um dort das Restaurant „Zum Jozef“ entstehen zu lassen.

Duschinger: Wie bist du zum Namen des Restaurants gekommen?

Kercmar: Darauf kam im Grunde mein Freund Max Krempl. Er meinte: „Was sagen denn die Leute, wenn sie zu dir kommen wollen? Zum Jozef!“ Und er kreierte auch gleich das Lindenblatt als Logo.

Duschinger: Die Kunst gehörte von Anfang an zum neuen „Jozef“.

Kercmar: Mein slowenischer Freund, der Künstler Stefan Hauko, war schon an der Gestaltung des Innenraums beteiligt. Er hatte in Burglengenfeld zuvor bereits zwei Ausstellungen gemacht, unter anderem beim ersten Bürgerfest. Viele Bilder im Innern des Restaurants stammen von ihm, ebenso wie die Bilder des Burglengenfelder Künstlers Fritz Graf. Damals war die künstlerische Szene in Burglengenfeld einfach wesentlich präsenter.

Duschinger: Du brachtest auch die Musik in dein Lokal …

Kercmar: Ich war bei der Gründung der Initiative „Musikantenfreundliches Wirtshaus“ in Burglengenfeld dabei. Da spielen Musiker im Wirtshaus für Getränke und eine Brotzeit. Das waren zunächst sehr familiäre Veranstaltungen, deren Unterhaltungswert sich aber schnell herumsprach. Zudem war ich Gründungsmitglied von „Kultur und Mehr“ im Städtedreieck. Im Biergarten fanden im Sommer unter den Kastanienbäumen später auch Kabarett-, Blues- oder Jazzabende statt.

Duschinger: Der Jozef gehörte schon immer zum Burglengenfelder Gastronomie-Establishment. Worauf führst du das zurück?

Kercmar: Umso mehr wundere ich mich, dass mich plötzlich die Gäste fragen, ob ich nach der Schließung des Restaurants nach Slowenien zurückginge. Burglengenfeld ist mein Zuhause.

Duschinger: Du warst immer auch der Wirt, der die Nähe seiner Gäste suchte, sich auch mal für ein Gespräch dazusetzte.

Kercmar: Nicht wenige meiner vielen Stammgäste kamen nicht nur ins Wirtshaus, sondern auch zum Wirt. Wenn ich nicht da war, fragten sie sofort: „Wo ist der Jozef?“

Duschinger: Was ist eigentlich dein Lieblingsgericht?

Kercmar: Der „Jozef“ isst am Sonntag des Öfteren Cevapcici, mit Zwiebeln und Brot. Während der Woche auch mal Sauerkrauteintopf mit Fleisch und Gemüse, sogenanntes „Löffel-Essen“. Meine Lieblingsspeise aber ist Lamm, gekocht oder gegrillt.

Duschinger: Haben du und deine Frau während der Covid-Krise realisiert, dass das Leben noch mehr zu bieten hat für euch?

Kercmar: Der Entschluss aufzuhören, ist schon länger gereift. Ich bin jetzt 45 Jahre Wirt und das muss reichen. Meine Frau und ich arbeiten seit dem 14. Lebensjahr in der Gastronomie. Zdenka hat so viele Cevapcici gemacht, dass sie wohl rund um die Erde reichen.

Duschinger: Was wird nun nach der Schließung am 5. Dezember aus dem „Jozef“?

Kercmar: Mal sehen. Jedenfalls wird keine Pizzeria und auch kein Fast-Food-Laden hier einziehen.

Duschinger: Was werden der Jozef und seine Frau Zdenka nun ohne die tägliche Arbeit machen?

Kercmar. Wir starten im Frühjahr unsere Fahrradtour nach Hamburg und radeln dann den Nordsee-Radweg entlang. Darauf freuen wir uns beide.

Duschinger: Euch beiden alles Gute und bleibt´s gsund!

Jozef und Zdenka freuen sich auf eine entspannte Zukunft …
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