„Verlogen und unsolidarisch“: Das Jugendzentrum (JUZ) soll nun doch verkauft werden

BURGLENGENFELD (lz). Noch vor einigen Wochen sah es ganz anders aus. Bei einem Besuch in dem selbst verwalteten Jugendzentrum (JUZ) in der Burglengenfelder Schwandorfer Straße 5 am 19. September 2022 zeigten sich die Kreistagsmitglieder des Ausschusses für Schulen, Planung und Bau – und mit ihnen Landrat Thomas Ebeling – offen und interessiert für die Einrichtung und informierten sich bei den Mitgliedern der Jugendinitiative und des Vereins „Bluesfriends“ über die Jugendarbeit im Städtedreieck.

Steht das JUZ Burglengenfeld vor dem endgültigen Aus? Foto: Sommer

Vorausgegangen war eine Diskussion über eine Bemerkung des Landrats in einer nichtöffentlichen Sitzung im Februar, dass er aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs der Immobilie einen Verkauf und eine Umwandlung in reine Sozialwohnungen in Erwägung ziehe. Schon damals gab es viel Protest, besonders aus den Reihen von SPD und Grünen, denn das JUZ hat eine über 50-jährige Geschichte und spielte als Treffpunkt auch bei den WAA-Gegnern einst eine tragende Rolle.

Die Jugendinitiative im Städtedreieck e.V. sowie die „Bluesfriends e.V.“ würden bei einem Verkauf ihren Stammsitz verlieren – ein wertvoller Treff für Jugendliche und Junggebliebene würde verlorengehen, ebenso wie es das Ende der wichtigen ehrenamtlichen Jugendarbeit bedeutete. Bei dem erwähnten Besuch ließ Landrat Ebeling dann anklingen, dass sich vorerst – bis Ende 2022 – nichts ändern würde. Von Seiten des Trägervereins wurde angekündigt, ein eigenes Nutzungskonzept erstellen zu wollen.
Doch es kam anders: Schon am 10. Oktober 2022 wurde in einer nichtöffentlichen Sitzung des Bauausschusses des Landkreises auf Antrag der CSU über den Verkauf abgestimmt. Gemeinsam mit den Stimmen von Freien Wählern und AFD wurde der Antrag positiv beschieden. Ist das nun das endgültige Aus des JUZ? Auch von Sozialwohnungen ist nun keine Rede mehr, ebenso ist über das Schicksal der bereits bestehenden Sozialwohnungen in einem Nebengebäude nichts bekannt.

„Ausverkauf der Jugendkultur“

In einer Pressemitteilung vom 15. Oktober 2022 kritisiert die Jugendinitiative Städtedreieck die lediglich per Telefon mitgeteilte Entscheidung des Ausschusses auf das Schärfste. „Für die beiden Vereine kommt das einer faktischen Schließung gleich“, heißt es.
Das Vorgehen sei für die beiden Vereine „in höchstem Maße verlogen und unsolidarisch“: „Die wahre Motivation der CSU war zu keinem Zeitpunkt die Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum, sondern stets nur ein Vorwand, um Soziales und Kulturelles gegeneinander auszuspielen.“

Was die bestehenden Sozialwohnungen betrifft, vermutet die Jugendinitiative, dass der Verkauf an einen privaten Investor den Mietpreis in die Höhe treiben wird – und das sei „weder sozial noch christlich“. Die Jugendinitiative kritisiert „die Prämisse der Profitorientierung, die weder in Krankenhäusern noch bei Wohnraum oder sozio-kulturellen Einrichtungen eine Antwort auf gesellschaftliche Probleme darstellt und die im Gegenteil die bestehende Ungleichheit noch verschärft“.
Grundsätzlich fordert der Trägerverein, das Thema endlich öffentlich im Kreistag zu behandeln, die Kenntnis-Setzung der betroffenen Anwohnerinnen sowie eine gleichwertige Ersatzimmobilie für die beiden Vereine und die Anwohnerinnen.

Grüne legen Widerspruch gegen Abstimmungsverfahren ein

Nun haben die SPD sowie die Grünen im Landkreis wieder den Kampf aufgenommen: Der SPD-Kreisvorsitzende Peter Wein äußerte sich sehr betroffen über die Entscheidung. In einem Antrag im Kreistag fordert die SPD, dass der Landkreis selbst die Immobilie in der Schwandorfer Straße 5 saniert und alle Mietverträge verlängert werden. Bei der Konzepterstellung für die Neugestaltung durch den Kreis sollten die Ideen des Trägervereins Berücksichtigung finden.
Der Grünen-Kreisrat Rudi Sommer legte zunächst offiziell Widerspruch gegen das Abstimmungsverfahren am 10. Oktober 2022 ein und beantragte eine erneute Beschlussfassung, denn hier gebe es formelle Unstimmigkeiten. Am 18. Oktober beantragten Sommer und die Fraktion der Grünen, dem Bezirk Oberpfalz das Angebot zu machen, das Haus der Jugend Burglengenfeld zu übernehmen. Die drei Städte des Städtedreiecks hätten kein Interesse an dem Projekt, so begründet Sommer. „Eine Überlassung des Areals und deren Einrichtungen an Investoren ohne Zweckbindung bedeutet die Vernichtung sowohl von bestehenden Sozialwohnungen als auch des Jugendzentrums.“ Obwohl doch kulturelle oder soziale Belange zu den zentralen Aufgaben des Bezirks gehören, seien leider auch im Bezirkstag CSU, FW und AFD in der Mehrheit, daher ist der abschlägige Bescheid für Sommers Antrag quasi vorprogrammiert.

„Quer“ zeigt Intransparenz des Landratsamts auf

Mittlerweile hat die vom JUZ gestartete Online-Petition bereits über 3000 Unterstützerinnen gefunden, genaue Infos dazu liefert die Facebook-Seite des Jugendzentrums. Sogar bis ins Fernsehen hat es das JUZ geschafft, Ende Oktober brachte die Sendung „quer“ des Bayerischen Rundfunks einen ausführlichen Bericht – ebenfalls in Facebook verlinkt. Darin kritisiert Rudi Sommer die mangelnde Transparenz seitens des Landratsamts, und dass die „Causa JUZ“ immer nur in nicht-öffentlichen Sitzungen besprochen wurde. Das Landratsamt und der Landrat selbst hätten keine Stellungnahme abgegeben. „Quer“ befragte Einwohnerinnen Burglengenfelds über das JUZ und ob es bleiben solle – die uneingeschränkte Antwort: „Ja“, denn: „Wo sollen sie denn hin, die Jugendlichen?“ Zudem stünden auch die Bewohner der Sozialwohnungen bei einem Verkauf vor einer ungewissen Zukunft.

Am 28. November 2022 werden der Verkauf des JUZ sowie die Anträge von Rudi Sommer im Kreistag öffentlich besprochen. Bis dahin ist abwarten angesagt.

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