Krieg ist ein häufiger Grund dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen – in Elenas Fall war es aber die Liebe, die sie dazu gebracht hat, von Russland nach Deutschland auszuwandern. In ihrem Zuhause in Maxhütte hat sie mir davon erzählt, warum sie die mutige Entscheidung getroffen hat, ihren gut bezahlten Job in Moskau für einen Mann aufzugeben – und was danach geschah.
2017 verbrachte Elena einen Urlaub bei ihrem Cousin in Barbing. Aus Langeweile und weil sie ihr Englisch verbessern wollte, vereinbarte sie ein Date über Tinder. Es stellte sich heraus, dass ihr Date Russisch konnte – zum Englischlernen taugte das Treffen also nicht. Trotzdem trafen Elena und Eugen – so hieß der Mann – sich noch zweimal. Sie verstanden sich gut, aber es passierte nichts weiter und zumindest bei Elena sprang der Funken vorerst nicht über (was ja auch nicht ihr Plan gewesen war).
Elena flog zurück nach Moskau und ging dort weiter ihrem Alltag nach. Sie hörte fast zwei Monate lang nichts mehr von Eugen. Dann auf einmal kam eine Nachricht, mit der Elena gar nicht gerechnet hatte: „Ich möchte dich in Russland besuchen.“ Gesagt, getan. Zwei Monate danach landete Eugen in Moskau – mit einem Apfelstrudel im Gepäck, denn den mochte Elena besonders gern. Ob es am Apfelstrudel lag? Die beiden verbrachten jedenfalls ein wunderschönes Wochenende miteinander. „Die Liebe hat uns erwischt,“ schwärmt Elena von der kurzen, aber intensiven Zeit mit ihrem künftigen Mann.
Wie geht es weiter für das Paar? Elena hat in Moskau einen guten Job als Analystin in einer Bank und steht bereits recht weit oben auf der Karriereleiter. Was ihr noch fehlt für ihr Glück, ist eine Familie. Moskau schien dafür nicht der richtige Ort zu sein. „Die Stadt ist perfekt zum Arbeiten, aber nicht für Kinder und Familie“, meint Elena.
Als Eugen ihr nach einem Jahr, in dem das Paar zwischen Russland und Deutschland hin- und hergependelt war, einen Heiratsantrag machte, sagte sie ja. Die beiden heirateten und Elena traf die mutige Entscheidung, ihre Heimat und ihre Karriere hinter sich zu lassen und mit Eugen nach Deutschland zu gehen. Sie spürte, dass er der Mann war, mit dem sie eine Familie gründen wollte, und wagte es deshalb, in Deutschland bei Null anzufangen, ohne Sprachkenntnisse, ohne Arbeit. „Das war schwer für mich,“ erinnert sich Elena.
Aber sie biss sich durch. Und ihr Mann unterstützte und ermutigte sie immer. „Am Anfang kam ich mir oft vor wie in einem Quiz. Immer musste ich irgendein Rätsel lösen, vieles funktionierte anders als in Russland und ich verstand die Sprache nicht,“ erzählt Elena. Die ersten beiden Jahre flog Elena noch oft zu ihren Eltern nach Sibirien, weil sie ihre Heimat sehr vermisste. „Aber irgendwann kam der Punkt, an dem ich mich in Russland wie ein Gast fühlte, und nicht mehr in Deutschland.“
Nach zwei Jahren in Deutschland gründete Elena zusammen mit einer Freundin eine Social Media-Agentur. „Das war mutig,“ lacht Elena über diesen Schritt. „Mein Deutsch war damals vielleicht auf B1-Niveau und ich hatte keine Ahnung, was ein Impressum oder Datenschutz war.“ Aber die beiden Frauen brachten ihre Firma auf Kurs, Elena schloss eine Weiterbildung in Social Media-Marketing ab und freut sich heute über einen breiten Kundenstamm, der Deutsche, Russen und Ukrainer umfasst. Neben der Betreuung von Social Media Kanälen bieten Elena und ihre Freundin inzwischen auch einen zertifizierten Social Media-Marketing-Kurs an. Seit zwei Jahren dreht Elena außerdem professionelle Hochzeitsvideos.
Elana weiß die Möglichkeit, online und von zuhause aus arbeiten zu können, sehr zu schätzen. Sie ist inzwischen Mutter von zwei bezaubernden Töchtern und durch die Flexibilität ihres Jobs kann sie auch in der Elternzeit arbeiten – und bleibt neben Mutter und Hausfrau weiterhin Unternehmerin. Dass sie sich beruflich weiterhin entfalten kann, hat sie auch ihrem Mann zu verdanken, der ihr neben seinem eigenen Vollzeitjob so gut wie möglich den Rücken freihält.
Für Elena haben sich Mut und Ehrgeiz rentiert – sie wurde dafür mit der Erfüllung ihres Lebenstraums belohnt: einer Familie. Und mit einem echten Zuhause, das sie nicht mehr gegen Moskau oder ihre Heimat in Sibirien tauschen wollen würde.