Wie viel Schutz benötigen Verbraucher*innen?

Aktionswoche zum Weltverbrauchertag 2024

SCHWANDORF (sr). Die Erfahrung in der Beratungspraxis verdeutlicht, dass zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher sich angesichts einer immer komplexer werdenden Welt zunehmend überfordert fühlen. Ist es daher notwendig, dass der Staat seine Schutzmaßnahmen verstärkt? Oder sollte vielmehr der Fokus auf vermehrte Aufklärung und Information gelegt werden, um die Eigenverantwortung zu stärken? Wie realitätsnah ist das Verbraucherleitbild, an dem sich die Politik orientiert? Diesen Fragen widmet sich der VerbraucherService Bayern im KDFB e.V. (VSB) in einer Aktionswoche zum Weltverbrauchertag 2024 vom 11. bis 15. März. In kostenfreien Vorträgen und Aktionen zeigt der Verband, wie es aktuell um den Verbraucherschutz steht, was Verbraucher*innen selbst tun können und wo politischer Handlungsbedarf besteht.

Der VerbraucherService Bayern informiert mit kostenfreien Vorträgen sowie Mitmach-Aktionen und zeigt politischen Handlungsbedarf. Grafik: VSB

Verbraucher*innen sollen bei jeder Kaufentscheidung aufmerksam, gut informiert und verständig für Details sein. So definiert es der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Verbraucherleitbild. Ist dieser Anspruch noch erfüllbar und realistisch?

Dazu hat Eva Traupe, VSB-Verbraucherteamleiterin und Volljuristin, eine klare Meinung:
„Verbraucher*innen fühlen sich in der immer komplexer werdenden Welt oft überfordert, getäuscht und betrogen. Sie benötigen Schutz, damit das Ungleichgewicht an Wissen und Information zwischen ihnen und den Unternehmen verringert wird und sie vor Gesundheitsgefahren, Ausbeutung und Betrug bewahrt werden.“ Das Bild des kompetenten Verbrauchers und der entscheidungssicheren Verbraucherin, wie es sich die Politik vorstellt, entspreche in vielen Fällen nicht der Realität. „Wir fordern eine Verbraucherpolitik, die sich an einem differenzierten Verbraucherleitbild orientiert, das nah an der Lebensrealität der Menschen und ihrem Alltag dran ist“, so Traupe. Besonderen Schutz benötigen zudem Gruppen, die als besonders verletzlich gelten.

Mehr Schutz vor Risiken nötig

Markus Latta, Fachteamleiter für Finanzdienstleistungen, weiß aus der Beratungspraxis, dass Finanzthemen viele Menschen überfordern. „Die Komplexität vieler Finanzprodukte ist für den Laien nur sehr schwer oder gar nicht zu durchdringen. Daher braucht es gerade im Finanzbereich einen starken Schutz der Verbraucher*innen, weil Fehlentscheidungen im schlimmsten Fall den finanziellen Ruin bedeuten können.“

Der VSB fordert außerdem einen verbraucherfreundlichen Alltag. Bei der Aktionswoche stellt das Finanzteam eine aktuelle Unterschriftenaktion gegen die Filialschließungen von Banken vor.

Viel auf dem Spiel für Verbraucher*innen steht auch bei Investitionen in die Energieversorgung. Sylvia Enzner, Projektleiterin der Energieberatung fordert: „Die Verbraucher*innen brauchen Planbarkeit, Bezahlbarkeit und Transparenz bei den Investitionen, die sie leisten. Sie dürfen am Schluss nicht die Verlierer sein.“ Online-Vorträge klären über erneuerbare Energie, Solaranlagen, Dämmmaßnahmen, das neue Heizungsgesetz und Fördermöglichkeiten auf.

Ein differenzierteres Verbraucherleitbild ist auch bei Gesundheitsthemen nötig. So macht sich der VSB für ein Verbot von an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung und eine Zuckersteuer stark, da die Selbstregulierung der Industrie versagt. „Beim Thema Zuckersteuer kann man am Beispiel Großbritanniens sehr gut die Zusammenhänge zwischen staatlicher Regulierung und Schutz der Verbraucher*innen nachvollziehen“, sagt Elisa Neutatz, VSB-Projektleiterin Ernährung, die darüber in einem Online-Vortrag informiert.

Mehr Schutz vor Verbrauchertäuschung

Viele Menschen sind Betrugsversuchen, Täuschungen und Abzocke im Alltag ausgesetzt. Das Ernährungsteam kennt viele Negativbeispiele aus dem Supermarkt: Nicht umgesetzte Kennzeichnungspflichten, unseriöse Werbeversprechen, versteckte Preiserhöhungen oder verminderte Füllmengen. In Vorträgen erfahren Verbraucher*innen, worauf sie beim Einkauf achten sollten.

Ein wachsendes Problem ist „Greenwashing“. „Es gibt immer mehr Produkte, bei denen Unternehmen suggerieren, sie seien umweltfreundlich, nachhaltig und klimaneutral – meist ohne Erklärung und Substanz dahinter“, sagt Marianne Wolff, Fachteamleiterin und Umweltreferentin. Expertinnen der Teams Umwelt und Ernährung informieren in einem Online-Vortrag und laden im Rahmen der Aktionswoche in Würzburg, Ansbach und Augsburg zur „Spurensuche im Supermarkt“ ein, um den kritischen Blick der Verbraucher*innen zu schulen.

Mehr über die VSB-Aktionswoche zum Weltverbrauchertag 2024 und das Programm lesen Sie hier: https://www.verbraucherservice-bayern.de/vsb-news/weltverbrauchertag-2024

Verbraucherschutz 2024

Zum 1. Januar 2024 hat das Bundesland Bayern den Vorsitz der Verbraucherschutzministerkonferenz übernommen. Die Verbraucherschutzminister und -ministerinnen der Länder tagen vom 12. bis 14. Juni in Regensburg.

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