75 Jahre altes Burglengenfeld-Aquarell zurück am Entstehungsort

BURGLENGENFELD (sr). Der Künstler Johann Karl hat sich im Sommer 1945 nur für wenige Monate in Burglengenfeld aufgehalten. Aber offenbar war er so beeindruckt von der Schönheit und Idylle dieser Stadt an der Naab, dass er eine ganze Reihe Bilder in Aquarelltechnik gemalt hat. Eines von Johann Karls Werken hat nun aus München den Weg zurück nach Burglengenfeld gefunden.

Johann Karl: Almenhof Innenansicht, signiert „J. Karl“, datiert 1945, Aquarell original gerahmt, H 51 cm, B 41,5 cm (© Foto: Ulrike Pelikan-Roßmann, Stadt Burglengenfeld)
Foto aus dem Besitz von Familie Karl – Harrieder, München um 1959 (2. von rechts: Künstler Johann Karl. Das Kind auf dem Arm seiner Mutter ist der 1958 geborene Johann Harrieder, der dem Burglengenfelder Museum 2015 und 2020 die Bilder von Johann Karl überlassen hat)

Immer wieder kommt es vor, dass Bilder mit Ansichten der Stadt Burglengenfeld aus ganz unterschiedlichen Provenienzen in den Bestand des Oberpfälzer Volkskundemuseums übergeben werden. Besonders groß ist die Freude, wenn von demselben Künstler verschiedene Motive zusammengetragen werden können. Dies war in den letzten Jahren öfters der Fall, etwa bei den Hobbymalern Karl Nußstein und Ludwig Moser, bei dem Theatermaler Friedrich „Fritz“ Graf, bei dem akademischen Maler Hermann Böbel – und auch bei Johann Karl.

Sein Großcousin Johann Harrieder aus München überbrachte Museumsleiterin Dr. Margit Berwing-Wittl zwei weitere Bilder Johann Karls aus dem Besitz seiner Patentante Johanna Schmalzbauer, eins davon mit einer spektakulären Innenansicht des Almenhofes. Schon 2015 hatte Harrieder dem Museum zwei schöne Aquarelle des Rathauses und des Naabtals geschenkt, kurze Zeit später meldete sich Josef Schießl aus Burglengenfeld, der ebenfalls einen echten „Karl“ auf einem Flohmarkt gefunden hatte und an das Museum übergab – eine außergewöhnlich schöne Ansicht der Altstadt bei Sonnenuntergang vom Galgenberg aus. Die Bilder hängen seit 2017 unter dem Motto „Burglengenfeld in der Kunst“ im Erdgeschoss-Raum 2 der neugestalteten Dauerausstellung. Nun wird diese kleine Sammlung um zwei weitere Bilder aus der Hand von Johann Karl ergänzt.

Informationen zu Leben und Wirken des Künstlers hat Dr. Margit Berwing-Wittl zusammengetragen. Johann Karl wurde am 30.3.1905 in Bensen (Sudetenland) geboren und kam unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs am 28. Mai 1945 als entlassener Soldat aus Russland über Grafenwöhr nach Burglengenfeld. Auf der Meldekarte des Burglengenfelder Stadtarchivs wird er als „Maler“ bezeichnet. Einquartiert in der Berggasse 10, lebte er hier für ein knappes Vierteljahr bis August 1945. Danach zog er weiter nach Regensburg, Berlin-Wilmersdorf (weshalb man ihn scherzhaft den „Berliner Hans“ nannte) und später nach München. Dort heiratete er seine „Martl“ und lebte mit ihr in der Münchner Plinganserstraße, wo er nach Auskunft der Familie wohl auch weiterhin künstlerisch tätig war. Er starb Anfang der 1960er Jahre und ist auf dem Münchner Waldfriedhof beigesetzt worden.

Seine künstlerische Ader half ihm, die Schrecken des Krieges zu verarbeiten, sodass in dieser Zeit einige sehr stimmungsvolle und melancholische Aquarelle mit Burglengenfeld-Ansichten entstanden sind. Außergewöhnlich ist die hier gezeigte Ansicht des Almenhof-Torbaus von innen, der sonst meist als Außenansicht mit dem markanten Eckturm dargestellt wurde. Im Hintergrund ist der Turm der Stadtpfarrkirche St. Vitus zu sehen, im Vordergrund eine Frau, die gerade im Waschzuber ihre große Wäsche einweicht und einige große Teile schon zum Trocknen auf die Leine gehängt hat. Das Bild ist keine romantische Verklärung des Volkslebens, sondern eine Alltagsszene, wie sie im Sommer 1945 sicher oft in den Hinterhöfen der Altstadt zu beobachten war. Die Putzschäden am Torhaus und die eher gedeckten, dunklen Farben auf Karls Aquarellen symbolisieren die schwere Zeit nach dem Ende der Naziherrschaft und dem schrecklichen Weltkrieg und stellen somit auch wichtige Bilddokumente aus einer Zeit dar, als praktisch keine Fotografien gemacht werden konnten, weil die Amerikaner alle Fotoapparate beschlagnahmt hatten.

Johann Harrieder hat dem Museum außer den Kunstwerken seines Großonkels auch einige Familienfotos und wichtige Informationen zum Künstler überlassen, „wofür ihm großer Dank gebührt“, wie die Stadt Burglengenfeld mitteilt.

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