Balkonkraftwerke für alle pushen die Energiewende!

Interview mit Rudi Sommer (Bündnis 90/die Grünen)

LANDKREIS SCHWANDORF (lz). Balkonkraftwerke sind in aller Munde. Einen Teil der im Haushalt benötigten Energie selbst zu erzeugen, begeistert und motiviert bereits viele Menschen, und das nicht nur wegen der CO2-Einsparung, sondern auch weil sich die Anlagen nach wenigen Jahren abzahlen und dann Gewinn erwirtschaften. Sind BKWs das fehlende Puzzlestück, um die Energiewende endlich in die Köpfe auch im Landkreis Schwandorf zu bringen? Rudi Sommer, Kreistagsabgeordneter der Grünen und seit Jahrzehnten aktives „Grünes Urgestein“, ist davon überzeugt. Was fehle, seien auch finanzielle Anreize wie eine Förderung durch die Kommunen. Im Landkreis fördern bereits einige Städte und Gemeinden, der Kreis erstattet teilweise die Kosten. Die LOKAL-Redaktion sprach mit Rudi Sommer über die Balkonkraftwerke.

Der Grünen-Politiker Rudi Sommer (re.) aus Bruck hat sich bereits vor 40 Jahren eine erste PV-Anlage aufs Dach montiert, die heute noch Strom produziert. Foto: G. Kuhnle

LOKAL: Herr Sommer, seit wann beschäftigen Sie sich schon mit PV-Anlagen?
Rudi Sommer: Begeistert von der enormen Energie der Sonne fing ich als etwa 24-Jähriger, vor über 40 Jahren, an zu tüfteln. In kurzer Zeit hatte ich meinen ersten Sonnenkollektor für Warmwasser selbst gebaut und diesen über mehrere Jahre genutzt. 1983 habe ich in Neumarkt ein erstes Photovoltaik-Modul – mit Zubehör für 1.600 DM – gekauft und auf meinem Dach selbst installiert. Es erzeugte zuverlässig Strom mit einer Spitzenleistung von 42 Watt. Durch Erweiterungen über die Jahre erreichen meine PV-Anlagen für den privaten Verbrauch aktuell 20 kWp (von 42 auf 20.000 Watt!). Im Jahr 2001, als ich auf dem gepachteten Dach des Landratsamts meine erste große Photovoltaikanlage auf den Weg brachte, verweigerten mir zwei Banken den Kredit, sie wussten nicht, was das ist und dachten, ich wolle ein Fotogeschäft eröffnen! Heutzutage gehören die PV-Anlagen in Bayern schon mit zu den wichtigsten Energielieferanten. 2021 betrug der Beitrag von Solarstrom bereits 16,4 % an der Bruttostromerzeugung.

LOKAL: Die Grünen wollen ja eine Förderung von Balkonkraftwerken für eine möglichst breite Bevölkerungsschicht?
Sommer: Genau. Dazu brachte ich vor nunmehr fast einem Jahr, am 15.10.2022, den Antrag zur Förderung von Balkonkraftwerken beim Landkreis ein. Unter der Überschrift „Energiearmut bekämpfen – Klimaschutz und Sozialhilfe“ sollte die Initiative die Förderung der kleinen PV-Anlagen für eine breite Bevölkerungsschicht voranbringen. Die Förderung sollte für sozial schwache Haushalte bis zu 35 % oder max. 300 Euro betragen. Mit den Förderrichtlinien, wie sie in Bruck und einigen anderen Kommunen beschlossen wurden, ist das jetzt möglich.

LOKAL: Welche Hürden mussten zur Durchsetzung des Förderprogramms genommen werden?
Sommer: Die erste Hürde war im Ausschuss für Kreisentwicklung, Umweltschutz, Touristik des Landkreises Schwandorf (KUTA) zu nehmen. Meine ursprüngliche Absicht war, für alle Menschen, die im Landkreis eine Wohnung oder ein Haus bewohnen, eine gleiche Fördersituation zu schaffen. Doch die Mehrheiten im Ausschuss wollten, dass sich die Kommunen mindesten zur Hälfte an einem Zuschuss beteiligen. Die Sache wurde dadurch komplizierter, weil nun jede Kommune einzeln eine positive Abstimmung über die Förderung von Balkonkraftwerken braucht. Damit sind alle Bürger*innen davon ausgeschlossen, deren Kommunen das einfach nicht auf die Tagesordnung setzen, oder wie z.B. in der Stadt Schwandorf, wo die Förderung abgelehnt wurde. Zudem wurde die Förderung deutlich reduziert.
Das Förderprogramm sollte außerdem vorsehen, dass der Landkreis den Kommunen 50% des Zuschusses (maximal 100,00 €) erstattet.

LOKAL: In Bruck und auch in Schwandorf wurde die Förderung ja erstmal abgelehnt …
Sommer: Ja, leider. Wenn Anträge von den GRÜNEN kommen, ist es für viele Leute schwierig, das neutral zu beurteilen – freundlich formuliert. In Bruck wurde jedenfalls nach der Ablehnung durch die CSU- und FW-Fraktionen aufgrund vieler Bürgerproteste erneut abgestimmt und nun einstimmig eine Förderung beschlossen.
In Schwandorf hat sich der Klimamanager und eine Mehrheit im Stadtrat gegen eine Förderung ausgesprochen. Vielleicht können die Verantwortlichen in Schwandorf auch nochmal darüber nachdenken. Ich persönlich kann mich nur wundern. Schließlich geht es nicht nur um Geld, sondern auch darum, das Bewusstsein zu schaffen, Strom nachhaltig erzeugen zu können.

LOKAL: Welche Kommunen fördern die BKWs?
Sommer: Bruck, Maxhütte-Haidhof und Teublitz fördern BKWs, Burglengenfeld hat sich dagegen ausgesprochen. Da es inzwischen einen Fleckenteppich an verschiedenen Förderprogrammen gibt, muss sich tatsächlich jede/r Interessierte selbst informieren, etwa auf den Websites der Gemeinden. Der Landkreis könnte auf seiner Homepage den Stand der Programme auflisten.

LOKAL: Eine PV-Anlage, die maximal 600 Watt Strom im Jahr erzeugt, kostet fast 1000 Euro, je nach Anlage und Qualität der Komponenten. Der Löwenanteil entfällt auf die Solarmodule, hinzu kommen Kosten für den Wechselrichter (300 Euro), die Halterungen (100 Euro), Kabel, Energiemessgerät (ca. 100 Euro). Veraltete Stromzähler müssen eventuell ausgetauscht werden, das verursacht ebenfalls Kosten. Denken Sie, dass weniger gut betuchte Menschen, auch angenommen, die Förderung durch die Gemeinde beträgt etwa 100-200 Euro, noch 800 Euro zur Verfügung haben? Sollten da nicht Banken mit speziellen Kreditangeboten mit ins Boot geholt werden?
Sommer: Dies wäre eine weitere Möglichkeit der Förderung. Wenn eine Bank die Idee aufgreifen würde, könnte das für Sozialhilfeempfänger eine Erleichterung sein. Der Stromzähler muss nicht zwangsläufig gewechselt werden und wird von Fall zu Fall auch nicht in Rechnung gestellt. Eine vorherige Rücksprache mit dem Vermieter ist jedoch grundsätzlich notwendig.
Eine Erleichterung ist schon mal das Mitte August von der Bundesregierung beschlossene Solarpaket, das die Photovoltaik von unnötiger Bürokratie entlasten soll. Es wird für alle leichter, in die Photovoltaik zu investieren! Unter anderem ist nur noch eine vereinfachte Anmeldung nötig.

LOKAL: Herr Sommer, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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