96 Sitze hat Deutschland im EU-Parlament …

INGRID LIEZ

Seit den ersten Europawahlen im Jahr 1979 hat das Europäische Parlament weiter an Bedeutung gewonnen. Die diesjährige 10. Europawahl findet vom 6. bis 9. Juni 2024 in allen 27 EU-Mitgliedstaaten statt. In Deutschland wird am Sonntag, dem 9. Juni gewählt. Wahlberechtigt sind alle Staatsbürger, die das 16. Lebensjahr vollendet haben.

Das ist neu: Im Gegensatz zur Bundestagswahl, bei der nur Volljährige wählen dürfen, kann man in Deutschland bei Europawahlen jetzt sogar schon ab 16 seine Stimme abgeben. Das ist EU-weit eine Besonderheit: Neben Deutschland dürfen unter 18-Jährige nur in Österreich, Malta, Griechenland und auf Antrag in Belgien an der Wahl teilnehmen.

Alle fünf Jahre wird in der Europäischen Union ein neues Parlament gewählt. Das Parlament wirkt entscheidend an den EU-Gesetzen mit, bestimmt den Haushalt der EU mit und kontrolliert im Sinne der Gewaltenteilung die anderen EU-Organe wie Kommission und Rat. Außer dem Parlament wird jedoch kein anderes EU-Organ direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt.

Wie schon bei der vergangenen EU-Wahl werden dieses Jahr in Deutschland 96 Europaabgeordnete gewählt. Dazu haben sich 1413 Kandidatinnen und Kandidaten in insgesamt 35 politischen Parteien zur Wahl aufstellen lassen, darunter sind 486 Frauen.

Schon lange vor der Veröffentlichung der Wahllisten haben sich die meisten Parteien auf Spitzenkandidaten festgelegt, die die jeweiligen Listen anführen. Eine Besonderheit gibt es bei den Unionsparteien CDU und CSU: Erstere tritt in 15 Bundesländern – in allen außer in Bayern – an, letztere dagegen nur in Bayern. Weil die CDU somit keine Bundes-, sondern nur Landeslisten hat, steht ihre Spitzenkandidatin, Ursula von der Leyen, auf keinem Wahlzettel (Infos aus: www.tagesschau.de/europawahl sowie www.diebundeswahlleiterin.de).

In der EU wird seit 20 Jahren einheitlich nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Das heißt, je mehr Wählerinnen und Wähler ihre Stimme einer Partei geben, desto mehr Europaabgeordnete schickt diese ins Europäische Parlament. Man hat also eine Stimme: Mit dieser wählt man die Partei. Im Gegensatz zu Bundes- und Landtagswahlen in Deutschland gibt es bei Europawahlen seit zehn Jahren keine Sperrklausel: Parteien müssen keine bestimmte Prozenthürde erreichen, um Abgeordnete nach Straßburg zu entsenden.

Die Spitzenkandidat/innen von 15 deutschen Parteien – sortiert nach dem Wahlergebnis von 2019, BSW neu – sind: CDU: Ursula von der Leyen; CSU: Manfred Weber; Bündnis 90/Die Grünen: Terry Reintke; SPD: Katarina Barley; AfD: Maximilian Krah; Die Linke: Carola Rackete und Martin Schirdewan; FDP: Marie-Agnes Strack-Zimmermann; Die Partei: Martin Sonneborn und Sibylle Berg; Freie Wähler: Christine Singer; Tierschutzpartei: Sebastian Everding, Aída Spiegeler Castañeda und Robert Gabel; ÖDP: Manuela Ripa; Familienpartei: Helmut Geuking; Volt: Damian Boeselager, Nela Riehl, Kai Tegethoff und Rebekka Müller; Piratenpartei: Anja Hirschel; Bündnis Sahra Wagenknecht: Fabio di Masi und Thomas Geisel.

Viele weitere Parteien unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung kandidieren, wie zum Beispiel die V-Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer, MERA25 – gemeinsam für europäische Unabhängigkeit, Bündnis C – Christen für Deutschland, PdH – Partei der Humanisten oder Letzte Generation – Parlament aufmischen, Stimme der Letzten Generation und viele weitere. Eine vollständige Liste findet man unter www.diebundeswahlleiterin.de.

Liebe Leserinnen und Leser, Ihre Stimme entscheidet mit, welche Abgeordneten dem Europäischen Parlament angehören. Unsere Gesellschaft lebt davon, dass wir eine Stimme haben. Demokratie und freie Wahlen gehen uns alle an! Dem Zusammenwachsen Europas verdanken wir die längste Friedensperiode in unserer Geschichte. Eine hohe Wahlbeteiligung stärkt dieses gemeinsame Europa. In diesem Sinne tut es unserer Gesellschaft nicht gut, wenn sich eine „Fraktion der Nichtwähler“ bildet, die wichtige Entscheidungen der Gleichgültigkeit oder sogar dem Verdruss überlässt.

Wollen wir zuschauen oder mitwirken? Wer wählt, entscheidet sich für eine lebendige Demokratie in Europa. Gehen Sie zur Wahl!