BURGLENGENFELD (sr). Marianne Schieder, von 2005 bis 2025 für die SPD Mitglied des Deutschen Bundestags und seit Jahrzehnten ehrenamtlich in der Katholischen Kirche aktiv, kommt gleich zu Beginn ihrer Kanzelrede beim sonntags.offen-Gottesdienst in der Evangelischen Christuskirche zum Punkt.

Die gestellte Thema-Frage „Christsein und Politik – wie passt das zusammen?“ beantwortet sie klipp und klar: „Jawohl, das passt zusammen, ja es muss sogar zusammenkommen, denn es müssen die Werte unseres Glaubens aus den Kirchenmauern hinaus in die Welt und damit auch in die Politik getragen werden! Denn wo wird diese Welt gestaltet?“ Natürlich werde die Welt durch das gesellschaftliche Zusammenleben gestaltet, so die Referentin. Die Regeln aber, nach denen dieses Zusammenleben funktioniert, mache die Politik.
Wenn nun Christen ihr Christsein ernst nehmen und wollen, dass ihre Glaubensgrundsätze in dieser Welt und damit in der Gesellschaft umgesetzt werden, könne ihnen Politik, ganz gleich auf welcher Ebene, nicht egal sein. Im Gegenteil: „Vielmehr sind wir gefordert, diese Politik mitzugestalten und unseren eigenen Beitrag zu leisten, damit unsere Gesellschaft ein menschliches Angesicht bekommt und behält“, so Schieder und konkretisiert: „Dass etwa Gerechtigkeit, die Sicherung des Friedens und der Freiheit der Menschen sowie die Förderung der Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfe – alles zutiefst christliche Werte – Inhalt und Richtschnur der Politik sind und bleiben.“
Aber nicht nur der Wunsch, Glaubensüberzeugungen in die Gesellschaft einzubringen befördert für Schieder christlich-politisches Engagement, sondern auch ein Blick ins Neue Testament, welches eine höchst politische Angelegenheit darstelle, weil es Christen beauftrage, sich nicht nur theoretisch mit ihrem Glauben zu befassen, sondern täglich für die praktische Umsetzung zu arbeiten. Dies bedeute, sich nicht nur um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, sondern aktiv die Gesellschaft mitzugestalten, damit ein menschenwürdiges Leben für alle möglich wird.
„Nichts anderes tut Politik, sollte Politik zumindest tun!“ schlägt Schieder wieder den Bogen zwischen Christsein und Politik, betont aber auch, dass es ihr dabei nicht um ein „Katholisch-Machen anderer“ aus früheren Zeiten gehe, sondern:
„Wir wollen als Christen keinen Kirchen- oder Gottesstaat! Wir stehen vielmehr für Toleranz und die Achtung der Überzeugung und des Glaubens aller Menschen!“ Sodann geht die Politikerin auf die Parteipolitik ein – für manche Zeitgenossen ein Ärgernis – und stellt fest:
„Nicht die Politik verdirbt den Charakter, schlechte Charaktere verderben die Politik!“ Demnach seien Parteien an sich nichts Schlechtes, sondern für das Gelingen der Demokratie unerlässlich. Denn so wie die Bereitschaft, Kompromisse zu suchen und zu akzeptieren für das Leben insgesamt grundlegend sei, gelte dies auch in der Politik, weshalb vernünftige parteipolitische Diskussionen zum Ringen um die beste Lösung gehörten. Ebenso gehöre eine kritische Opposition zur Kontrolle einer Regierung.
„Parteipolitik ist an sich nichts Schlechtes und auch für Christen nichts Schlechtes!“, so Schieder, schränkt aber ein: „Christen können sich für mich nur in demokratischen Parteien engagieren. Nicht Abschottung, Egoismus und Nationalismus entsprechen unseren christlichen Werten, sondern Offenheit und Interesse füreinander und die Bereitschaft, jeden Menschen zu achten, unabhängig von Nationalität, Geschlecht, sexueller Neigung oder Hautfarbe.“
Das alles verkörpere die Partei am rechten Rand hinter der Brandmauer nicht: „Sie ist deswegen für Christen nicht wählbar!“
Begleitet wurde der sonntags.offen-Gottesdienst von der gleichnamigen Band mit fetziger Musik, einem humoristisch-tiefsinnigen Theater von Gerhard Eber sowie den Moderatoren.