Mögliche Förderschäden für Kindergarten und Kinderkrippe?

BURGLENGENFELD (sr). „Bürgermeister Thomas Gesche hat den Stadtrat bewusst getäuscht und versucht, eklatante Verstöße gegen allgemein bekannte Vorgaben von Förderverfahren zu vertuschen“, sagt in einer Pressemitteilung der 3. Bürgermeister Sebastian Bösl (SPD). Das ergebe sich unmissverständlich aus dem Rücknahmebescheid der Regierung der Oberpfalz zur Kinderkrippe im Naabtalpark sowie aus den Antworten des Bürgermeisters auf einen Fragenkatalog der Fraktionsgemeinschaft aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke im Burglengenfelder Stadtrat.

Das Schreiben des Bürgermeisters wirft weitere Fragen auf – insbesondere die, warum der Bürgermeister nicht bereits vor vielen Monaten den Stadtrat informiert hat. Und auch der Verdacht eines Täuschungsversuches steht im Raum: Die Stadt hat der Regierung der Oberpfalz zunächst mitgeteilt, der Bau der Kinderkrippe im Naabtalpark habe im Juni 2019 begonnen. Gut ein Jahr später wurde gegenüber der Regierung eingeräumt, der Baubeginn sei bereits am 30. April 2019 erfolgt. Daher streicht die Regierung der Oberpfalz nun die Förderungen, da ein „förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn“ vorliegt.

Der Stadt werden voraussichtlich rund 3,7 Millionen Euro Fördergelder verloren gehen, weil zwei Bauprojekte vor Erhalt des offiziellen Förderbescheids begonnen worden waren. Das hatte Bürgermeister Thomas Gesche (CSU) in der Sitzung des Stadtrats am 23. März 2022 bekanntgegeben. „Wir hoffen, dass sich der finanzielle Schaden für die Stadt etwa über eine Zahlung der Kassenversicherung noch minimieren lässt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fraktionsgemeinschaft.

Gesche hatte in einem Interview mit dem Fernsehender TVA nach der Sitzung des Stadtrats am 23. März 2022 gesagt, es habe sich „in den letzten Wochen abgezeichnet“, dass es einen „Formfehler“ gegeben habe. Er habe „so schnell informiert, wie wir konnten“. Nicht nur für Sebastian Bösl ist damit klar: „Das entspricht nicht der Wahrheit!“ Gesche selbst hat auf Nachfrage der Fraktionsgemeinschaft mitgeteilt, dass er sich bereits am 17. Mai 2021 schriftlich an den damaligen Regierungspräsidenten Axel Bartelt gewandt hat mit der Bitte, „eine mögliche Kürzung der Fördermittel auf ein Mindestmaß festzusetzen“.

„Der Bürgermeister wusste also spätestens seit Mai 2021 von dem Fiasko. Es stimmt daher nicht, dass sich der selbstverschuldete Ausfall der Fördergelder kurzfristig abgezeichnet hat. Es stimmt daher nicht, dass der für Finanzangelegenheiten in dieser Millionen-Dimension zuständige Stadtrat schnellstmöglich informiert worden ist“, kritisiert SPD-Stadtrat Peter Wein. „Über den Haushalt entscheidet nicht der Bürgermeister, sondern der Stadtrat. Entscheidungen sind aber vernünftig nur möglich, wenn der Stadtrat vom Bürgermeister nicht hintergangen wird.“

Vereinfacht dargestellt: Bürgermeister Gesche hat Bauaufträge erteilt, ohne die zuvor nötige Bestätigung für staatliche Zuschüsse. Dabei weiß jeder, der schon mal einen KfW-Kredit oder Ähnliches beantragt hat: Ohne offizielle Genehmigung geht nichts. Selbst die frühere CSU-Stadträtin Dr. Edda Pauli hat in einem Kommentar auf Facebook zur Diskussion um den erwartbaren Fördergelder-Ausfall geschrieben, sie rate „dem Bürgermeister dazu, nicht so zu tun, als wäre ein kleiner Formfehler passiert. Das ist nämlich lächerlich“.

Auch der Wenzenbacher Bürgermeister Sebastian Koch hat sich auf Facebook zu Wort gemeldet: „Jeder halbwegs sachkundige Kommunalpolitiker weiß, dass Bauverträge erst nach schriftlicher Förderzusage unterschrieben werden dürfen. Natürlich unterschreibe auch ich als Bürgermeister einige Dinge ohne größere eigenständige Prüfung, sondern im guten Glauben, dass meine Verwaltung einen Sachverhalt gründlich geprüft hat (…), aber im vorliegenden Fall geht es um Millionen. Sich da vor der Auftragsvergabe nicht den Förderbescheid anzuschauen, ist mir völlig unerklärlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass von der Regierung noch Fördergeld kommt.“

Hans Deml widerspricht unterdessen Vorwürfen, die SPD greife den Bürgermeister aus rein parteipolitischen Gründen an. „Vorverurteilung liegt uns fern. Aber angesichts des sich abzeichnenden enormen finanziellen Schadens für die Stadt und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dürfen hier keine Fragen offen bleiben.“ In der Bayerischen Gemeindeordnung sei klar geregelt, dass der Bürgermeister die Dienstaufsicht führe und die Geschäfte der Stadt leite. „Daher wenden wir uns mit unseren Nachfragen an ihn“, so Deml.

In einem Interview mit LOKAL hatte Thomas Gesche im Rahmen seiner Kandidatur um das Bürgermeisteramt gesagt, es sei „klar, dass ich (…) in verschiedensten Bereichen der Stadtverwaltung einen gewaltigen Erfahrungsschatz habe, den ich genauso einbringen werde, wie mein Wissen und meine Kreativität aus meiner Geschäftsführertätigkeit. Ich werde also mein Fachwissen einbringen, kenne die nötigen Behördenwege (…). Ich kann und ich werde dieser großen Verantwortung gerecht werden.“

An diesen Aussagen, meint nicht nur Sebastian Bösl, müsse sich Gesche nun auch messen lassen. „Er hat sich mehrfach als Verwaltungsexperten dargestellt. Und nun will er sich bei zwei millionenschweren Projekten auf die Verwaltung verlassen haben? Ich will mir das nicht vorstellen, dass ein bayerischer Bürgermeister einfach so unterschreibt, was ihm vorgelegt wird. Ein Millionenprojekt ist keine Geburtstagskarte, da muss man eben genauer hinschauen.“ Umso nötiger sei die vollständige Aufklärung des Finanz-Fiaskos. Und: „Ein verantwortungsbewusster Bürgermeister verschiebt in so einer Situation den Urlaub und lässt seine Mitarbeiter nicht im Stich.“

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