Die Angst geht um …

Konsequenzen eines Alltags mit und ohne Mund-Nasen-Schutz

INGRID LIEZ …

„Hast du deine Maske?“, frage ich meinen Sohn morgens, als er gerade seine Schuhe anzieht um sich auf den Weg zum Bus zu machen, der ihn zur Schule bringt. „Klar“, antwortet er und deutet auf sein Kinn und in der Tat, er hat sie sich bereits „umgeschnallt“.

Eine Selbstverständlichkeit in diesen Tagen eigentlich – und obwohl es eine Tatsache ist, dass das Corona-Virus durch das Maskentragen und Abstand-Halten wenigstens in Schach gehalten werden kann, verhalten sich viele Menschen immer noch kurzsichtig und verantwortungslos: Nicht nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch auf den Schulhöfen und in den Gängen der Schulgebäude – in Bayern sogar vorerst im Klassenraum für alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse – ist das Tragen einer Maske Pflicht. Und was machen die Schülerinnen und Schüler? Sie versammeln sich vor Unterrichtsbeginn VOR dem Schulgelände OHNE Maske und stehen in dichten Gruppen zusammen, um die Hausaufgaben oder den neuesten Tratsch austauschen – natürlich klassenübergreifend. Und dabei stören sie auch noch den laufenden Straßenverkehr auf der Hauptstraße, die in unserer Stadt dicht an der Schule vorbeiführt, denn sie laufen überall über die Fahrbahn, stehen am Randstein und begrüßen mit Küsschen Neuankömmlinge, die von besorgen Eltern per Pkw gebracht werden.

„Du stellst dich da nicht dazu und du umarmst auch niemanden!“ schärfe ich meinem Sohn ein, aber er antwortet nur mit dem lapidaren „Ja ja“ des gelangweilten Neuntklässlers. Da kann man nichts machen – immer nur weiter ermahnen.

Der Aufreger schlechthin war bei uns zu Hause vor ein paar Tagen, dass mehrere von Sandros Freunden Erkältungssymptome zeigten und daheim bleiben mussten. Und dabei hatte man neulich noch gemeinsam zu sechst Geburtstag gefeiert, zusammengesessen und sich ordentlich geknuddelt. Der übliche Schnupfen und Husten deuten zwar auf eine normale Erkältung hin – und doch ging ein Mädchen zum Coronatest – das Ergebnis liegt noch nicht vor. Dabei war die Familie noch vor Kurzem in Urlaub in Kroatien! So kam es, dass Sandro abends nicht schlafen konnte. „Mama“, sagte er mit zitternder Stimme, „was ist, wenn wir jetzt alle Corona haben?“ Ich beruhige ihn, obwohl auch mir innerlich schon die Felle davonschwimmen. Wer muss dann alles in Quarantäne? Kann ich zur Arbeit? Darf Sandros Schwester in die Uni fahren? Sollten die beiden kommendes Wochenende wie geplant ihren Papa besuchen? Die Angst begann umzugehen, doch bereits kurze Zeit später gab einer der Freunde Entwarnung: Der Arzt hatte bescheinigt, dass es sich in der Tat nur um eine Erkältung handelte.

Doch muss das denn so sein? Hätte man die Geburtstagsfeier nicht ein paar Wochen verschieben können? Warum fällt es vielen Leuten schwer, die AHA-Regel einzuhalten? Das Virus ist eine Tatsache, auch wenn man es nicht sieht! Viele Menschen mit Asthma, Allergien und natürlich die Älteren unter uns gehören zur Risikogruppe und sind bestimmt nicht scharf darauf, die schmerzhafte, sehr unangenehme Krankheit durchzumachen, an Spätfolgen zu leiden oder womöglich sogar zu sterben – können wir denn nicht einfach Rücksicht nehmen zum Wohl aller?

Dank aller „Querdenker“, Verschwörungstheoretiker und verblendeten Randgruppen, die gemeinsam demonstrieren und damit einen gefährlichen Rückhalt für alle fahnenschwenkenden Radikalen bilden, sehe nicht nur ich bald die Infektionszahlen in Deutschland in die Höhe schnellen. Dann kommt die Angst wieder zu allen, während die Wirtschaft in die Knie geht. Wollen wir das?

Das Maskentragen ist sicher nicht das Allheilmittel. Aber gemeinsam mit dem Abstandhalten schützen wir so gut es eben geht uns selbst und die Schwächeren in unserer Gesellschaft.

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