Die „Werteunion“ als „CDU 1.0“?

INGRID LIEZ …

Die Parteienlandschaft in Deutschland verändert sich. In letzter Zeit ist es bereits zu zwei Partei-Neugründungen gekommen: Neben dem „Bündnis Sarah Wagenknecht“ nennt sich seit Januar 2024 auch die „Werteunion“ eine Partei – zuvor eine Splittergruppe innerhalb der CDU/CSU.

Also mal ehrlich: Ist das gut für unser Land? Wenn zu viele Parteien mitregieren, ist Streit vorprogrammiert. Wohin es führen kann, wenn zu viele Parteien im Parlament sind, wissen wir seit der Weimarer Republik. Doch wer sind die neuen Parteien und haben sie überhaupt Chancen, gewählt zu werden?

Nehmen wir als Beispiel die Werteunion. Sie wurde jetzt gegründet, damit eine Teilnahme an den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September gewährleistet sein wird, heißt es auf www.werteunion.de.

Außerdem wolle man zu dem „Rutsch ins links-grüne Lager“ der CDU ein Gegengewicht setzen, so sagte der neu gewählte Vorsitzende der WU, Hans-Georg Maaßen. Die Gruppierung gibt es bereits seit 2017. Man kritisiert nicht nur die Oppositionspolitik der CDU, sondern die Politik der Ampel, die zu „einer in der Nachkriegszeit beispiellos bedrohlichen Lage Deutschlands geführt“ habe. „Massenmigration, eine irrationale Wirtschafts- und Energiepolitik und die hysterische Klimapolitik, die Eurokrise, die Pandemie sowie ein Abbau an Demokratie“ hätten u. a. zu dieser Lage geführt. Die „Mission“ der Werteunion: Sich auf die Werte von Konrad Adenauer, Franz-Josef Strauß und Helmut Kohl rückzubesinnen und dafür zu sorgen, „dass es das Deutschland, wie wir es kennen, weiterhin geben wird.“

Bisher hatte die Werteunion als Verein etwa 2000 Mitglieder. In den letzten Wochen ist diese Zahl auf 4000 hochgeschnellt. Nach eigenen Angaben sind seit der Parteigründung 700 weitere Anträge hinzugekommen (Stand: 21.1.24). Noch gibt es kein Parteiprogramm, aber die WU präsentiert auf ihrer Website Positionspapiere zu Themenbereichen wie „Umwelt und Energie“, „Sicherheit“ oder „Zuwanderung“. Man tritt etwa ein für Technologieoffenheit, Abschaffung der EEG-Umlage, die Kernkraft, mehr Qualifizierung statt Mindestlohn, Kürzung von Sozialleistungen, Wohlstand durch Unternehmerförderung und freien Handel und mehr. Außerdem liest man von der Forderung einer finanziell strengeren Europapolitik und einem „Europa der Vaterländer“. Polizei und Bundeswehr müssen besser ausgestattet werden. Außerdem sollen ausländische Straftäter sowie Gefährder kompromisslos abgeschoben, Extremismus jeder Art bekämpft, sowie Einwanderung generell begrenzt und gesteuert werden. Der Familiennachzug für Flüchtlinge soll abgeschafft werden, Minderjährige genießen keinen Sonderstatus mehr, wer ohne Rechtsgrundlage (Asyl nach Grundgesetz) einreist, wird abgeschoben.

Das Kirchenasyl wird in Frage gestellt, die Verschleierung von Frauen verboten. Migranten sollen in Deutschland verstärkt in die deutsche Kultur assimiliert werden. Dies sind nur einige Auszüge, doch eine Nähe zur AFD ist unverkennbar. Hat auch der Vorsitzende Maaßen, ehemals Chef des Bundesverfassungsschutzes, bereits durchblicken lassen, dass er durchaus zu einer Zusammenarbeit bereit sei. Verschiedene CDU-Politiker wie der Vorsitzende Friedrich Merz haben eine Zusammenarbeit ausgeschlossen. Und wer Mitglied bei der WU ist, fliegt bei der CDU raus!

Bei den anstehenden Wahlen positioniert sich die WU laut einer INSA-Umfrage bei 15 % – eine ordentliche Gegnerschaft für die Ampelparteien, die auch der AFD einige Stimmen kosten wird. Bedenklich ist allerdings der Vorsitz von Hans-Georg Maaßen, der in den letzten Jahren immer wieder für Kontroversen sorgte. Gegen ihn läuft bei der CDU ein Parteiausschlussverfahren. 2018 äußerte er zum Beispiel Zweifel daran, dass es bei den rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz „Hetzjagden“ gegen Ausländer gegeben habe. Außerdem soll er Mitgliedern der AFD „Tipps“ gegeben haben, wie sie eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz vermeiden könnten. Erst jüngst behauptete Maaßen in einem Tweet auf X, „die treibenden Kräfte im politisch-medialen Raum“ hätten als „Stoßrichtung“ einen „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“.

Mit solchen Äußerungen katapultiert man nicht nur sich selbst, sondern ebenso die neue konservative Partei gleich wieder ins Aus. Man darf auf die kommenden Wahlen gespannt sein.