Wohnung dringend gesucht

INGRID LIEZ …

Es klingt fast wie Betteln: „Hallo, mein Name ist Patricia (Name geändert), ich bin 19 Jahre alt und beginne im Herbst mein Medizinstudium in Regensburg. Ich suche eine 1-Zimmer-Wohnung bis 600 €warm. Ich bin eine offene, ruhige Person, Nichtraucherin und habe keine Haustiere. Ich freue mich über Rückmeldungen.“

Menschen, die eine Wohnung suchen, überbieten sich in der positiven Selbstdarstellung, bis hin zur Einkommens- und Berufsangabe. So bist du mit Tieren oder mit mehr als einem Kind auf dem Wohnungsmarkt schon „lost“. Dabei sind sogar Studierende bereit, Preise im oberen dreistelligen Bereich zu zahlen. Gerade jetzt zum Beginn des Wintersemesters ist die Wohnungssuche für Studenten besonders gravierend – es eilt, doch wo sollen sie unterkommen?

Also mal ehrlich: Deutschland platzt aus allen Nähten. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hat 2021 versprochen, jährlich 400.000 neue Wohneinheiten zur Verfügung zu stellen. Daraus ist nichts geworden, die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten in Mehr- und Einfamilienhäusern ist sogar im Sinken begriffen – von 295.000 im Jahr 2022 auf 223.00 (2023) und schätzungsweise auf 177.000 in 2024 (Quelle: Böckler-Institut).

Kürzlich hat das Pestel-Institut – ein Forschungsinstitut für Kommen, Unternehmen und Verbände – für den Landkreis Schwandorf seine jährliche Marktanalyse im Auftrag des Bundesverbands des Deutschen Baustofffachhandels (BDB) vorgelegt. Danach sind hierzulande 800 neue Wohnungen pro Jahr bis 2028 nötig. Aktuell fehlen rund 1030 Wohnungen. Nötig sei aber auch, abgewohnte Wohnungen zu erneuern. So stehen im Landkreis momentan 3060 Wohnungen leer, die saniert werden müssten. Insgesamt werden sogar 4340 Wohnungen nicht genutzt.

Dem Wohnungsbau an sich gehe durch hohe Kosten und Zinsbelastungen immer mehr die Luft aus. Im Zeitraum Januar bis Mai 2024 sei lediglich für 188 neue Wohnungen eine Baugenehmigung erteilt worden, 2023 waren es noch 269 im gleichen Zeitraum.

Nach Beobachtungen des Pestel-Instituts sind zahlreiche Hausbesitzer mit Sanierungen sehr zurückhaltend – sie seien verunsichert, welche Vorschriften oder Klimaschutzauflagen auf sie zukämen. Vielfach fehle es auch einfach an Geld. Gründe, warum viele nutzbare Wohnungen leerstehen, sieht Pestel auch darin, dass viele Eigentümer negative Erfahrungen mit Mietern gemacht haben.

Bundesweit ist die Situation, was Sozialwohnungen betrifft, mehr als prekär, doch hier hat die Ampel-Koalition sogar ihre Fördersumme gesenkt, so kritisiert der BDB und verlangt eine Senkung von Baustandards wie „hochgeschraubte“ Klimaschutzmaßnahmen, sodass einfacher gebaut werden kann. Das Hans-Böckler-Institut schreibt im Dezember 2023 von 700.000 bis mehrere Millionen fehlender Sozialwohnungen: „Experten warnen vor dramatischen Zuständen.“

Von problematisch hoher Mietbelastung in Großstadthaushalten erst gar nicht zu reden! Wo bleibt in dieser Situation etwa der von der Bayerischen Staatsregierung hochgepriesene „Wohnbau-Booster“?

Die Gründe, warum die Zahl günstiger Wohnungen nicht steigt, ist Wissenschaftlern zufolge vielfältig: „Kommunen wollen oder können keine Neubauprojekte umsetzen, weil die finanziellen Mittel fehlen. Stattdessen verkaufen sie Bauland an Investoren, die dann überwiegend hochpreisige Wohnungen errichten. Zudem haben Städte und Gemeinden nach langjährigem Personalabbau oft zu wenige Fachkräfte in den Bauverwaltungen“, so das Böckler-Institut bereits 2020. Forschende haben schon vor mehreren Jahren Pläne entwickelt, wie sich der Wohnungsbau effektiv ankurbeln ließe. Doch solange die Vorschläge der Wissenschaftler in Schubläden verschwinden, kann sich an der desolaten Situation nichts ändern. Verzweifelt klingende Wohnungsgesuche wie die oben zitierte werden noch häufiger werden. Die Wohnungsnot wird unsere Gesellschaft weiter spalten.