REGION (sr). „Deutschland als eine der stärksten und größten Wirtschaftsnationen der Welt muss beim Thema Menschrechte zu seiner globalen Verantwortung stehen“, betonte Marianne Schieder, SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, am Dienstagabend bei einer Online-Konferenz.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „SPD-Fraktion vor Ort“, in der die SPD den Bürgerinnen und Bürgern zu aktuellen Themen regelmäßig Rede und Antwort steht, diskutierte Marianne Schieder mit Dr. Bärbel Kofler, SPD-Bundestagsabgeordnete und seit 2016 Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung über das neue Lieferkettengesetz. Mit auf „virtuellen Podium“ saßen Christa Mayer vom Weltladen Cham, sowie der Stadtpfarrer von Teublitz, Michael Hirmer.
Mit dem geplanten Lieferkettengesetz möchte die Bundesregierung deutsche Unternehmen in die Pflicht nehmen und menschenwürdige Arbeits- und Produktionsbedingungen weltweit durchsetzen.
„Seit vielen Jahren habe ich mich für verbindliche gesetzliche Regelungen zur Stärkung von Menschenrechten entlang von Liefer- und Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen stark gemacht. Ich freue mich daher sehr, dass das Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird“, so Bärbel Kofler. „Die Einhaltung von Menschenrechten ist endlich keine Frage von Freiwilligkeit mehr. Damit entsprechen wir auch der Forderung von vielen Unternehmen, Gewerkschaften und Wirtschaftswissenschaftlern, faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen.“
Mit dem Kabinettsbeschluss zum Lieferkettengesetz wurde Anfang März der Gesetzgebungsprozess gestartet. Ende April kommt der Gesetzesentwurf zur parlamentarischen Beratung in den Bundestag.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar – das gilt nicht nur für Deutschland, sondern weltweit. Ich möchte nicht, dass Kinder z.B. in Minen oder auf Kakao- oder Baumwollplantagen für unseren Wohlstand schuften müssen. Deswegen ist es wichtig, dass das Gesetz die gesamte Lieferkette umfasst – vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt“, führte Marianne Schieder aus, die sich schon sehr lange für den Themenbereich Eine Welt und Fairen Handel in ihrem Wahlkreis engagiert. „Durch die verbindlichen Regeln leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Kinderarbeit und Zwangsarbeit und schließen endlich eine Schutzlücke.“
Damit die gesetzlichen Neureglungen auch in der Praxis ihre Wirkung erzielen, soll durch die Einrichtung von staatlichen Kontrollbehörden und Vor-Ort-Kontrollen in Unternehmen die Umsetzung des Lieferkettengesetzes gewährleistet werden.
„Reden allein reicht nicht, handeln ist nötig“, so Christa Mayer vom Weltladen Cham. Seit dem Jahr 1995 werden im Weltladen am Steinmarkt der Fair-Trade-Gedanke gelebt und nicht nur hochwertige, sondern vor allem unter fairen Bedingungen produzierte Produkte verkauft. „Mit Freude stellen wir fest, dass sich unser Angebot immer größerer Beliebtheit erfreut“, sagte Mayer. So gehöre beispielsweise auch MdB Schieder zu den Stammkunden.
Den theologischen Blick auf das Thema lieferte Stadtpfarrer Michael Hirmer aus Teublitz. Aus der katholischen Soziallehre leite sich ab, dass entlang einer Lieferkette die Menschenwürde, die Bewahrung der Schöpfung und das Gebot der Solidarität gelten müsse: „Christ sein heißt auf andere Menschen zu achten. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass wir genau prüfen, woher unsere Produkte kommen. Wir alle müssen für ein gerechtes Miteinander in der Welt Sorge tragen, wo immer das möglich ist.“
In der lebhaften Onlinediskussion wurden die beiden Bundestagsabgeordneten auch gefragt, was passiert, wenn sich Unternehmen nicht an das Lieferkettengesetz hielten. Hierzu führte Bärbel Kofler aus, dass bei Verstößen Buß- und Zwangsgelder verhängt werden können, die in einen Fonds zur Stärkung menschenrechtlicher Sorgfalt fließen sollen. NGOs und Gewerkschaften sollen darüber hinaus zukünftig die Möglichkeit haben, Betroffene vor Gericht zu vertreten. „Unternehmen erhalten durch das Gesetz endlich Rechtssicherheit für ihre unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Und wer sich bereits jetzt für Menschenrechtsschutz entlang der Lieferkette einsetzt, wird zukünftig im Wettbewerb nicht mehr benachteiligt“, so Kofler. Die neuen gesetzlichen Regelungen gelten ab 2023 für Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter, ab 2024 dann auch für Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter.
„Wir konnten im Entwurf des Lieferkettengesetzes viele unserer Forderungen durchsetzen, aber einige Punkte sind leider an den Widerständen der Union, vor allem aus dem Bundeswirtschaftsministerium, gescheitert. Wir werden weiterhin daran arbeiten, das Gesetz kontinuierlich auf seine Wirkung zu überprüfen und zu verbessern“, stellte Bärbel Kofler klar. Und auch Marianne Schieder machte noch einmal deutlich: „Mit diesem Gesetz nimmt Deutschland eine Vorreiterrolle ein. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Entwurf im weiteren Gesetzgebungsprozess nicht aufgeweicht wird.“