Tierheime bleiben in der Krise auf der Strecke!

Das aktuelle LOKAL-Interview mit Gabi Hahn, Vorsitzende des Tierschutzverein Schwandorf e.V. und Leiterin des Tierheim Schwandorf

SCHWANDORF (lz). In den bayerischen, aber auch deutschlandweiten Tierheimen wird es eng – finanziell wie räumlich: Jetzt werden oft Tiere abgegeben, die während der Corona-Pandemie angeschafft worden waren. Dazu kommen hohe Kosten, nicht nur bei der Energie.

Das Tierheim Schwandorf platzt aktuell aus allen Nähten. Foto: TSV Schwandorf e.V.

In der Ferienzeit steigen die Neuaufnahmen in den Tierheimen, aber nun kommt noch die „Corona-Rücklaufwelle“ hinzu: Während des Lockdowns entschieden sich viele Deutsche spontan für einen tierischen Begleiter, gegen die Einsamkeit, als Zeitvertreib. Dadurch lebten 2020 fast eine Million mehr Tiere in den Haushalten als noch im Jahr zuvor. Nun zeigt der Trend seine Kehrseite. Viele merken mit der Rückkehr zur Normalität, wie zeitintensiv so ein Haustier ist – und so sollen die Tiere genauso schnell wieder weg, wie sie in die Wohnung gekommen sind. Verantwortungsgefühl? Meist Fehlanzeige.

Mit dem Tierheim in Schwandorf schuf der Tierschutzverein Stadt und Landkreis Schwandorf e.V. vor über 30 Jahren einen Ort, der für abgegebene, ausgesetzte und misshandelte Tiere eine Zwischenstation bietet (Nähere Infos unter www.tierschutzverein-schwandorf.de, aber auch auf der Facebookseite des Tierheims). LOKAL sprach im mit Gabi Hahn, der 1. Vorsitzenden des Tierschutzverein Stadt und Landkreis Schwandorf e.V. und Leiterin des Tierheims. Seit vielen Jahren macht sie sie diesen ehrenamtlichen „Job“.

LOKAL: Frau Hahn, überall liest man in den Medien, dass die Tierheime deutschlandweit voll bis unters Dach sind. Wie ist bei Ihnen im Tierheim Schwandorf momentan die Situation? Wie viele und welche Tiere sind aktuell im Tierheim?
Gabi Hahn: Die Situation ist auch bei uns angespannt. Wir haben derzeit über 70 Katzen, ca. 25 Hunde, viele Kleintiere. In jedem Bereich ist die Kapazitätsgrenze erreicht.

LOKAL: Während der Corona-Pandemie waren die Tierheime wie leergefegt. Jetzt werden zahlreiche Tiere abgegeben. Was werden Ihnen für Gründe genannt?
Hahn: Als Gründe werden die Gründe genannt, die es schon immer gab, wie Allergie, Scheidung und Wohnungswechsel, hinzu kommt natürlich jetzt auch noch, dass man nicht mehr so viel Zeit hat wie während Corona. Und man hat in dieser Zeit unheimlich viel versäumt, z.B. in der Hundeerziehung, was sich nun bitter rächt. Man kommt also nicht mehr zurecht mit dem Hund, weil man außer „Couching“ und Kuscheln in der Corona-Zeit nichts mit ihm gemacht hat.

LOKAL: Auch die Notfälle nehmen zu: Hunde werden an Leitplanken angebunden zurückgelassen, Katzen fern von daheim ausgesetzt oder Meerschweinchen im Wald sich selbst überlassen. Was sind das für Menschen, die so etwas tun?
Hahn: Dazu kann ich nichts sagen. Das befindet sich weit außerhalb meiner Denkweise und Vorstellungskraft. Kann ich nicht nachvollziehen und deswegen auch nicht sagen, was das für Menschen sind.

LOKAL: Was hat sich in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich geändert?
Hahn: Es gibt deutlich mehr „fadenscheinige“ Gründe, die Tiere loszuwerden. Es werden auch mehr Tiere insgesamt. Im Fall von Hunden werden diese immer aggressiver, weil die falschen Rassen angeschafft wurden, von denen man nicht mehr wusste, als was sie kosten: Der Charakter einer Rasse und die Bedürfnisse werden nicht beachtet. Nach kurzer Zeit sind die Besitzer überfordert und mehrfach gebissen, dann werden die Tierheime zum Notnagel. Die Tierpfleger sollen sich dann beißen lassen …

LOKAL: Die Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger geht zurück – das Portemonnaie bleibt immer öfter zu, weil alles teurer wird. Gerät jetzt der ganze Tierschutz, der auf Spenden und auch auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen ist, nicht in eine absolute Notlage?
Hahn: Das befürchten wir. Wie Sie schon sagen, die Leute müssen sehen, wie sie ihre Kosten decken können, da wird für ein Tierheim wenig übrigbleiben. Wir hoffen, dass diese Krise bald überwunden sein wird, wenn nicht, werden wir ein riesiges Problem bekommen.

LOKAL: Was braucht das Tierheim Schwandorf momentan konkret? Wie kann man unterstützen?
Hahn: Ehrlich gesagt, konkret brauchen wir Geld. Wir haben mit gestiegenen Energiekosten und gestiegenen Tierarztkosten zu kämpfen. Alles andere ist gut gemeint und wir freuen uns auch über diverse Hilfsangebote, aber Geld wäre im Moment wirklich das Nötigste.

LOKAL: Unbestritten hat auch der Landkreis Schwandorf ein Problem mit Streunerkatzen, die sich unkontrolliert vermehren. Wegen der Überpopulation hat jetzt, wie in vielen anderen Bundesländern bereits Fakt, der erste bayerische Landkreis Berchtesgadener Land eine Katzenschutzverordnung erlassen, nach der Freigängerkatzen zwingend kastriert, registriert und gechippt werden müssen. Wie sieht es im Landkreis Schwandorf aus?
Hahn: Dahingehend sind wohl auch Bestrebungen im Gange! Wie weit das Ganze ist, kann ich aktuell nicht sagen, es ist immer wieder im Gespräch. Aus unserer Sicht würden wir das natürlich begrüßen, wenn es auch fraglich ist, wer das dann auch kontrollieren kann und soll.

LOKAL: Frau Hahn, wir danken für das Gespräch! Eine Spende machte sich bereits auf den Weg.

Spendenkonto:
Tierschutzverein Stadt und
Landkreis Schwandorf e. V.
IBAN: DE72750510400380011593

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