Sudetendeutsches Erbe: Erinnern, versöhnen und Europa gestalten

„Unrecht benennen und die Zukunft in Europa gestalten“ – Europaausschussvorsitzender Tobias Gotthardt MdL war zur „offenen, ehrlichen Diskussion“ bei der Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landmannschaft in Burglengenfeld. Tobias Gotthardt (2.v.li) zusammen mit Dr. Sigrid Ullwer-Paul und den beiden stellvertretenden Vorsitzenden Josef Mehringer (li.) und Bernhard Krebs. (Bild: Josef Paul)

BURGLENGENFELD (sr). „Unrecht benennen, Erinnerung bewahren, Versöhnung üben und vor allem gemeinsam Zukunft in Europa gestalten“ – unter diesem „politischen Vierklang“ hat Tobias Gotthardt, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Europaausschusses im Bayerischen Landtag bei der Kreisgruppe Burglengenfeld der Sudetendeutschen Landsmannschaft referiert und diskutiert.

Vorsitzende Dr. Sigrid Ullwer-Paul zeigte sich „geehrt über den hohen Besuch“. Auch ihr Stellvertreter und 2. Bürgermeister Bernhard Krebs betonte die „fachliche und emotionale Kompetenz des Europapolitikers: Er hat die Anliegen der Vertriebenen genauso im Blick wie das grenzübergreifende Miteinander im Herzen Europas“. Politisch versprach Gotthardt „Investitionen in die flächendeckende Erinnerungskultur Bayerns“ und mehr Vertriebenen-Bildung an den Schulen. Hinsichtlich der Benes-Dekrete fordert er eine „sachliche, differenzierte Diskussion“.

Dies, so Gotthardt, sei auch deshalb wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden: „In der Lesart vieler Tschechen bedeuten die 1940 bis 1945 aus dem Londoner Exil heraus erlassenen Dekrete des Präsidenten die Grundlage zur Weiterführung der staatlichen Kontinuität der Tschechoslowakei nach der teils gewaltsamen Auflösung des tschechoslowakischen Staates durch das NS-Regime 1938“. Die junge Generation dagegen kenne die Erlasse kaum mehr, so Gotthardt. „Umso wichtiger ist, dass wir genau sagen, was wir wollen: Vertriebenenfeindlich sind die Erlasse 5, 12, 33, 71 und 108 aus dem Jahr 1945 – und nicht die Gesamtheit der Dekrete“. Dennoch bleibe das Thema auf der politischen Agenda: „Niemand ist damit zufrieden, dass es diese Dekrete noch immer gibt – obgleich faktisch aufgehoben durch EU-Recht.“ Unrecht benennen, Aussöhnung fördern: „Das eine fordern, das andere nicht lassen“, so Gotthardts Position: „Das beste Mittel, um weiteres Unrecht für die Zukunft zu vermeiden, ist, Freundschaft zu schließen, in Frieden zu leben“. Die Vertriebenenverbände seien dabei „leuchtende Vorbilder aus leidvoller Erfahrung“.

Ins Licht rücken will Gotthardt mehr als bisher die Leistung Vertriebener für den Wiederaufbau Bayerns: „Was der vierte Stamm Bayerns in den fünf Vertriebenenstädten und landesweit geleistet hat, verdient unser aller Anerkennung“. Der Ausschussvorsitzende plädiert deshalb für ein eigenes Förderprogramm zu Umbau und Neukonzeption sogenannter „Heimatstuben“ in vielen kommunalen Museen. „Wir haben heute noch die Möglichkeit, Zeitzeugen zu befragen und zu dokumentieren – diese Chance müssen wir nutzen“. Das gelte auch für die Bildung an Bayerns Schulen: „Ich möchte, dass wir uns mehr mit der Leistung der Vertriebenen, ihrer Sprache und ihrer Kultur beschäftigen. Das gehört mehr als bisher in Bayerns Lehrplan“. Unterstützung signalisierte Gotthardt auch für ihm am Rande der Veranstaltung vorgestellte Erinnerungsprojekte geschleifter Dörfer im bayerisch-tschechischen Grenzraum: „Sie erzählen eine Geschichte, die nicht verklingen darf. Das ist im Sinne Bayerns und Tschechiens.“

Die Diskussion führte der Abgeordnete „offen und ehrlich: Ich erzähle Ihnen nichts anderes als den tschechischen Freunden. Das gehört zu meiner politischen Verantwortung und Ehrlichkeit“ – letztere schätzten dann auch die zahlreichen Gäste der Veranstaltung: „Eine aufrichtige Position und ehrliches Engagement für die Vertriebenen“ bescheinigte ihm abschließend auch Vorsitzende Dr. Ullwer-Paul.

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