Themenreihe „Industriekultur im Landkreis Schwandorf“ der KEB

Gut besuchte Auftaktveranstaltung mit Schwerpunkt historische Entwicklung

WACKERSDORF (sr/lz). Wie sehr haben Industrieansiedlungen den Landkreis landschaftlich, politisch, gesellschaftlich oder Umwelt und Natur betreffend geprägt? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Auftaktveranstaltung zur Themenreihe „Industriekultur im Landkreis Schwandorf“ der Katholischen Erwachsenenbildung Schwandorf am 14. November 2023 im Mehrgenerationenhaus Wackersdorf.

Kamine und Schornsteine – wie hier die Brikettfabrik in Wackersdorf- bestimmten den früheren Glück-Auf-Landkreis Burglengenfeld. Foto: Archiv Braunkohlemuseum

Das mindestens für zwei Jahre angelegte Projekt fand großes Interesse bei einem zahlreichen Publikum. Es erhielt durch die Referenten Alexander Dewes, 1. Vorsitzender der KEB Regensburg Land und Schwandorf sowie zertifizierter Kirchen- und Burgenführer, und Jakob Scharf, stellvertretender Landrat und Altbürgermeister, einen Überblick über die vielfältigen Industriestandorte im Landkreis – von den Werkssiedlungen in Maxhütte-Haidhof über das Braunkohlerevier in Steinberg bis zum Flussspat-Abbaurevier in Stulln.

Alexander Dewes erläuterte zunächst die Ziele der Themenreihe. Generell würden Industrieanlagen positiv wie negativ in unterschiedlichem Ausmaß die Gesellschaft und die Bevölkerung, aber auch die Landschaft und die Natur beeinflussen. „Der Landkreis Schwandorf ist ein Musterbeispiel dafür, wie Land und Menschen in den letzten Jahrhunderten stark von der Industrie geprägt wurden. Die Folgen von Bergbau oder Eisenhüttenverarbeitung beschäftigen die Politik noch heute“, sagte er. „Aber auch der massive Eingriff moderner Industrien in die Natur durch großflächige Windkraft- und Photovoltaikanlagen oder Stromtrassen werden im Landkreis Schwandorf kontrovers diskutiert.“

Politik durch Industrie stark beeinflusst

Jakob Scharf gab einen ausführlichen historischen Überblick über die Vielzahl ehemaliger und aktueller Industriebetriebe sowie ihre Zusammenhänge mit der Sozialgeschichte, der Entwicklung des geografischen Raumes bis hin zum geänderten Wahlverhalten innerhalb der Bevölkerung.

Aus einer Fülle von Beispielen stellte er den Bergbau und die Eisenhüttenverarbeitung im ehemaligen „Glück-Auf-Landkreis Burglengenfeld“ besonders heraus. „Die Bayerische Braunkohlen-Industrie (BBI) hat nicht nur Landschaft und Orte gravierend verändert, sondern auch die Sozialstruktur. Und dies vom Bauernstand bis zur Arbeiterschaft, die zur bestimmenden Bevölkerungsschicht wurde. Sie war nicht nur in der BBI, sondern auch innerhalb des Werks Maxhütte und dem Bayernwerk gewerkschaftlich gut organisiert“, so erläuterte der stellvertretende Landrat. Parteipolitisch habe das zur Folge gehabt, dass „rote“ Bürgermeister im Städtedreieck, in Wackersdorf, Steinberg, Klardorf, Dachelhofen oder Fischbach die Regel waren, „schwarze“ „die krasse Ausnahme“. Heute gebe es im Landkreis Schwandorf nur noch einen SPD-Bürgermeister, was auch eine Folge der geänderten Sozialstruktur seit der Schließung der BBI 1982 und des Konkurses der Maxhütte 1987 sei. „Aber auch die bauliche Entwicklung in den Industriestandorten ist durch eigene Arbeitersiedlungen beispielsweise in Wackersdorf, Maxhütte oder Schwarzenfeld beeinflusst worden, nicht zuletzt deswegen, weil das Arbeitsplatzangebot auch zur Zunahme der Einwohnerzahl führte“, so Scharf weiter. „Vor allem aber waren die Standortgemeinden durch die Gewerbesteuern ‚reiche‘ Kommunen. In der Regel fühlten sich die Arbeitgeber auch sozial verpflichtet und unterstützten die Gemeinden beim Bau von Badeanstalten, Schwimmbädern und Sportplätzen.“

Die BBI habe nach ihrer Schließung ein „vorbildliches Rekultivierungsprogramm“ mit der Pflanzung von 15 Millionen Bäumen durchgeführt, und auch die „Mondlandschaft“, die die Industrie hinterlassen habe, in eine wunderbare Seenlandschaft verwandelt. Scharf betonte, dass generell der Kohleabbau jedoch für die Region ein Segen gewesen sei: „Ohne ihn gäbe es das Wackersdorfer Industriegebiet und die boomende Tourismusregion nicht.“

Landkreis auf einem guten Weg

Abschließend ging er noch auf „einen nicht in Betrieb gegangenen Betrieb, die WAA“, ein. Der Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern und das Aus für die atomare Anlage sowie deren Nachfolgebetriebe habe ebenfalls großen Anteil an der Entwicklung des Landkreises gehabt. Heute sei man eine „Aufsteigerregion“, die sich von der ehemaligen Schwerindustrie mit Kohle und Stahl als Hautarbeitgeber zu einem modernen und zukunftsorientierten Wirtschafts- und Dienstleitungszentrum entwickelt habe. Der Maschinen- und Fahrzeugbau sowie die Metallerzeugung und -verarbeitung seien heutzutage die Schwerpunkte.

Nach einer lebhaften Diskussion über Vergangenheit und Zukunft der Industrie im Landkreis Schwandorf kündigte Scharf an, dass im neuen Jahr als erster konkreter Betrieb vor Ort die ehemalige Maxhütte detailliert im Mittelpunkt stehen werde.

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