Wie sieht es derzeit in der Baubranche aus?

NITTENAU (sr). Freie Wähler Landtagsabgeordnete Martin Scharf und Bernhard Heinisch trafen sich, zusammen mit Staatssekretär Tobias Gotthardt und Erstem Bürgermeister Benjamin Boml zum Gespräch mit Vertretern der Bauinnungen Regensburg, Cham und der Bauinnung Oberpfalz.

Beim gemeinsamen Austausch in Nittenau sprach man über die derzeitige Situation in der Baubranche. (Foto: Daniel Dickert)

Nach einer kurzen Begrüßung und der Besichtigung eines Neubaugebietes im Taubenweg in Nittenau ging es inhaltlich direkt zur Sache: Die Baubranche ist angeschlagen. Durch immer weiter steigenden Bürokratieaufwand und wachsende Unsicherheiten bei Bauförderungen drohe ein Flächenbrand in einem der größten Wirtschaftssektoren in Deutschland.

Franz Wilhelm, Obermeister der Bauinnung Cham und stellvertretender Bezirksobermeister, drängte auf das Hinarbeiten zu konkreten Lösungsvorschlägen zur Rettung der Baubranche. Hohe Zinsen, die allgemeine Verteuerung durch die Inflation und vor allem der überraschende Förderstopp für KfW-Neubauprogrammsind seien eine große Herausforderung für die Bauwirtschaft.

Auch Christian Huber, Geschäftsführer Bauinnungen des Bezirks Oberpfalz, schloss sich diesen Aussagen an. In seiner Präsentation ging er auf weitere Ursachen ein, die den Abwärtstrend im Einfamilien- und Wohnungsneubau mit verursacht hätten: Corona-bedingte Krankheitsfälle verzögerten bereits im Jahr 2021 und 2022 zeitnahe Baugenehmigungen und somit die Planungen. Seit Februar 2022 führt der Ukraine-Krieg durch die Versorgungsknappheit zu den ersten wesentlichen Preiserhöhungen verschiedener Baustoffe. Seit Ende 2022 erhöhten sich die Preise für Baustoffe erneut aufgrund der gestiegenen Energiepreise bei deren Herstellung. Zugleich stiegen die Zinsen für Baudarlehen in mehreren Schritten von 1% auf fast 5%.

Erster Bürgermeister Benjamin Boml, ebenfalls Freie Wähler, merkte an, dass sich die Entwicklungen der Baubranche auch negativ auf die Kommunen selbst auswirke. Die Unsicherheiten in der Planung verhindern derzeit viele Neubauten und verwehren den Bürgerinnen und Bürgern damit auch den Wunsch, in ihrem Heimatort dauerhaft sesshaft zu werden.

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass Auflagen wie beispielsweise zum Naturschutz zwar gut gemeint sein mögen, aber an der Lebensrealität von Bauherren, Bürgerinnen und Bürgern vorbeigehen.

Der Bodenaushub für Keller und Fundamente gilt nun als Abfall und muss beprobt und auf speziell ausgewiesenen Deponien für ein Vielfaches entsorgt werden. Auch Baumaschinen sind betroffen: Ein Kipper muss etwa bei jedem Landkreis eine Genehmigung einholen, um die Straßen von der Baugrube bis zur Deponie nutzen zu können, was wiederrum zu einem enormen Verwaltungsaufwand führt.

Tobias Gotthardt, MdL und Staatssekretär im bayerischen Wirtschaftsministerium, kennt die Brennpunkte der Baubranche. Er wies darauf hin, dass viele der neuen Verordnungen, wie etwa die Abfallverordnungen für Bodenaushub der EU zu verdanken sind. Auch der Bund trägt mit anderen, nicht weniger verwaltungs- und kostenintensiven Auflagen und ganz besonders mit dem überraschenden Förderstopp für KfW-Neubauprogrammseinen, Teil zum aktuellen Zustand bei. Gotthardt wirbt dafür, die Zinslast für Kredite zu reduzieren und setzt auf spürbare Entlastungen im Baurecht, sowie Verbesserungen der Förderkulisse im Land.

Martin Scharf zeigte sich gegen Ende der Diskussion zufrieden mit den Ergebnissen. Dank der guten und positiven Arbeitsatmosphäre war ein intensiver und vor allem konstruktiver Dialog möglich. „Der Flächenbrand, ausgehend von den Herausforderungen der Baubranche, muss aufgehalten werden. Das kann nur passieren, wenn man miteinander spricht und nicht aus einer realitätsfernen Blase heraus über die Köpfe der Menschen weg regiert“, so Scharf.

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