„Wir können und wollen nicht mehr!“

Oberpfälzer Landräte schlagen Alarm

OBERPFALZ (sr). Für die Landkreise in der Oberpfalz und ihre Gemeinden wird die aktuelle Flüchtlingskrise immer mehr zur Belastungsprobe.

Tagung der Oberpfälzer Landräte im Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Neben der Asylpolitik stand ein Vortrag des Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle, auf dem Programm. Foto: Christine Hollederer

Das wurde bei der Tagung der Oberpfälzer Landräte in Moosbach (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) einmal mehr deutlich. Vor allem mangele es in den Landkreisen rein logistisch an Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete. Und auch der finanzielle und personelle Aufwand, der zwar größtenteils kompensiert werde, steige permanent, heißt es in einer Pressemitteilung vom Landkreis Amberg-Sulzbach vom 26. Oktober 2023.

„Die Lage ist mehr als dramatisch“, fasste es Landrat Richard Reisinger, der Sprecher der Oberpfälzer Landräte, zusammen. „Manche Landkreise können keine Flüchtlinge mehr aufnehmen und wir wollen es auch in dieser bisherigen Form nicht“, wird der Landrat des Landkreises Amberg-Sulzbach in der Pressemitteilung zitiert.
„Wir werden gezwungen, gegen die Bevölkerung oder die Bürgermeister eine Politik zu implementieren, die ein gesundes Mittelmaß aus den Augen verliert.“ Es brauche Grenzen und Zeit für die Integration sowie finanzielle Mittel.

Wie ernst die Lage beim Zustrom von Flüchtlingen ist, zeigt auch das Beispiel Landkreis Tirschenreuth. Dort wird darüber nachgedacht, ein Zelt aufzustellen, um Flüchtlinge unterbringen und ihnen ein Dach über dem Kopf bieten zu können. Gegebenenfalls wohl nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, angesichts der Zuwanderungsprognose der Regierung der Oberpfalz für die kommenden Monate. „Die Grenze ist erreicht“, so der Tenor der Oberpfälzer Landräte.

Und in einem weiteren Punkt sind sich die Landkreischefs ebenfalls einig: Turnhallen als Unterkunft für Geflüchtete kommen, solange es irgendwie geht, nicht infrage. Das sei der Bevölkerung nicht vermittelbar.

Auch der Bayerische Landkreistag fordert eine Umkehr bei der Asylpolitik der Bundesregierung: Um kurzfristig Druck aus dem System zu nehmen und die Unterbringungssituation in den Landkreisen zu entspannen, dürften lediglich Flüchtlinge mit dauerhafter und realistischer Bleibeperspektive in der Fläche ankommen. „Sach- statt Geldleistungen, eine gemeinnützige Arbeitspflicht für Flüchtlinge und lückenlose Grenzkontrollen“, sagte Andrea Degl, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistages.

Bekämpfung des Antisemitismus als Staatsziel

Ein weiteres wichtiges Thema der Landrätetagung war der steigende Antisemitismus in der Gesellschaft. Dazu referierte der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle. Spaenle rief zu mehr Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung auf. Zudem sei es notwendig, die Bekämpfung von Antisemitismus als Staatsziel in die bayerische Verfassung und das Grundgesetz aufzunehmen, wird Spaenle in der Pressemitteilung zitiert. „Es braucht jetzt staatliches Handeln, aber auch das Handeln der Zivilgesellschaft“, so Spaenle.

Auch im Landkreis Schwandorf sucht man weiter händeringend nach Unterkunftsmöglichkeiten für Geflüchtete. Bereits letztes Jahr hatte der Landkreis dazu aufgerufen, private Unterkünfte vermehrt anzubieten, sei denn auch die dezentrale Unterbringung eine viel bessere Ausgangslage für die Integration der Geflüchteten, hieß es in den Medien.

Ein Teublitzer Privathaus mit mehreren Wohneinheiten wurde auf Initiative des Besitzers im Oktober zur Flüchtlingsunterkunft für 25 Syrer, was jedoch in der Nachbarschaft für Bedenken und Diskussionen sorgt. Lesen Sie dazu mehr in der kommenden LOKAL-Ausgabe am 25. November 2023.

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