Gegner des Gewerbegebiets an der A93 geben nicht auf

TEUBLITZ (lz). Der Stadtratsbeschluss des Teublitzer Rats vom 15. Oktober 2020 löste unter Naturschützern im Städtedreieck Bestürzung aus: Mit nur zwei Gegenstimmen – der Grünen – wurde der Bau des Gewerbe- und Industriegebiets an der A93 auf dem Gebiet des „Schwarzen Bergs“ erneut beschlossen. Bürgermeister Thomas Beer betonte, dass mit den überarbeiteten Plänen vieles am Projekt noch verbessert worden sei, was den Naturschutz angeht.

Die dichten Moosdecken am Boden zeigen an, dass hier ein flächendeckend feuchte Verhältnisse herrschen. Foto: Christian Stierstorfer, LBV

„Wir geben uns noch lange nicht geschlagen!“, so äußerte sich der LBV-Vorsitzende der Kreisgruppe Schwandorf, Christian Stierstorfer, gegenüber LOKAL, die sogenannten Nachbesserungen seien nicht genug. Es handelt sich hier um weitere Überprüfungen und Überarbeitungen in der Planung sowie Änderungsvorschläge der Fachstellen, wie die Vergrößerung eines Schutzstreifens, Überbauung einer namenlosen Quelle oder einer insektenverträglichen Beleuchtung.

„Keine funktionelle Ausgleichbarkeit“

„Jetzt muss erst einmal das hydrogeologische Gutachten abgewartet werden“, so Stierstorfer. Für den LBV steht es nämlich fest, dass sich die Grundwassersituation am Schwarzen Berg unter dem Bauvorhaben doch in bedenklicher Weise ändern könnte, anders als in der Bürgerbroschüre behauptet. „Der LBV bleibt bei seinen kritischen Fragen zum Wasserhaushalt, zum Tier- und Landschaftsschutz, zur Anbindung an bestehende Strukturen und der Wirtschaftlichkeit sowie zum Aspekt der Naherholung.“ Darüber hinaus seien die geplanten Ausgleichsmaßnahmen kein „funktional ökologischer Ausgleich“, so heißt es bereits in der Stellungnahme des LBV vom 12.8.2020 zum Bebauungsplan. Das Projekt widerspreche zentralen politischen Zielsetzungen hinsichtlich Flächenverbrauch, Erhalt der Artenvielfalt und des Klimaschutzes und es habe leider Präzedenzfallcharakter für ganz Bayern.

Besonders was die Ausgleichbarkeit betrifft, weist Stierstorfer darauf hin, dass nach der Bayerischen Kompensationsverordnung die „Eingriffsvermeidung an sich“ prioritäres Ziel sei. Für den historisch alten Wald mit seiner langen Habitattradition, für die Standortverhältnisse mit ihren oberflächennahen Wasserzügen, dem Schicht- und Hangwasser sei eine funktionelle Ausgleichbarkeit nicht gegeben.

Die Waldeidechse ist eine von vielen „besonders geschützten Arten“, die auf der Fläche des geplanten Gewerbegebietes vorkommt. Rechtlich ist es verboten, ihre Lebensstätten zu zerstören oder die Tiere zu töten. Leider gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen, die letztlich den Schutz dieser Tiere und der Natur im allgemeinen aushöhlen. Foto: Christian Stierstorfer, LBV

„Für unzählige, wenig mobile Tiere wie Insekten, Amphibien und Reptilien, darunter auch viele gesetzlich geschützte Arten, bedeutet der geplante Eingriff den Tod. Es ist aus unserer Sicht auch die jeweilige lokale Population gefährdet, das gilt für Vögel wie die Waldschnepfe oder den Schwarzspecht, Fledermäuse, Libellen und Waldameisen. Fast alle Flächen für Ausgleichsmaßnahmen befinden sich viele Kilometer entfernt vom geplanten Eingriffsgebiet und scheiden damit als Ausweichfläche, z. B. für die betroffenen Amphibien, ohnehin aus. Was den Boden selbst betrifft, werden seine Lebewesen de facto vernichtet, denn er ist „flächig abzuschieben und zu beseitigen“, wie es im Baugrundgutachten heißt.“

Nach wie vor appelliere der LBV an die Entscheidungsträger auf allen Ebenen, im Falle des Gewerbegebiets andere Lösungen anzustreben. Auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Schwandorf und das Wasserwirtschaftsamt hatten Bedenken angemeldet, die im Teublitzer Stadtrat kein Gehör gefunden hatten. Ebenso ist das vielfach geäußerte Argument der Bedarfsbegründung aus Sicht des LBV nicht schlüssig, denn in der Stadt Teublitz und in deren Umfeld herrsche eine „sehr niedrige Arbeitslosigkeit“, so heißt es in der Stellungnahme vom 12.8.2020.

Ausnahmeverfahren muss beantragt werden

Der Sprecher der Teublitzer Bürgerinitiative „Schützt unser Wasser“, Christoph Namislo, kritisiert in einer aktuellen Stellungnahme insbesondere, dass die zahlreichen Moorwald-Biotopflächen im Planungsgebiet nicht ersetzt und an anderer Stelle ausgeglichen werden könnten. „Da die Zerstörung von Biotopen bzw. die Tötung geschützter Tierarten durch das Bundesnaturschutzgesetz verboten ist, muss die Stadt ein sogenanntes Ausnahmeverfahren beantragen.“ Dies müsse bei der Regierung der Oberpfalz geschehen. Die Stadt müsse dann ganz genau begründen, dass die Schaffung von wohnortnahen Arbeitsplätzen für die Region Städtedreieck zwingend erforderlich ist. Viele Moorwald-Bereiche versorgten das Teublitzer Weihergebiet und die Nachbarwälder mit Wasser, so Namislo, bei einer Rodung käme diese Wasserversorgung in den Sommermonaten zum Erliegen.

„Sehr wahrscheinlich“ seien negative Auswirkungen auf das Grundwasser: „Neben der fehlenden Speicherwirkung des Waldbodens fließt das Wasser durch die Versiegelung des Bodens schneller ab. Es ist davon auszugehen, dass der Grundwasserspiegel – auch in Verbindung mit der anhaltenden Trockenheit – im Sommer weiter absinken wird.“

Der Teublitzer Stadtrat handle mit seiner Entscheidung entgegen den Empfehlungen der Bayerischen Staatsregierung. Der bayerische Umweltminister habe erst vor wenigen Tagen befürchtet, dass das Land in einen Grundwassernotstand abgleite, Böden und Moore müssten als CO2-Speicher unbedingt erhalten werden, Wasser müsse versickern – so viel und so flächig wie möglich. Namislo sieht auch für die regionale Forst- und Teichwirtschaft Folgeschäden – so habe sich ebenso der Bayerische Bauernverband gegen die Rodung des Waldes ausgesprochen.

Nachteilig für die Gegner des Gewerbegebiets ist auf jeden Fall, dass sich eine, an der Einwohnerzahl gemessen, vergleichsweise geringe Anzahl von Menschen mit einer schriftlichen Eingabe gegen das Vorhaben bei der Stadt Teublitz gemeldet hat. Von insgesamt 1133 Stellungnahmen kommen nur 279 aus der Stadt Teublitz selbst, das sind 3,67 %, der Großteil stammt mit 582 Eingaben aus Maxhütte-Haidhof. Offensichtlich sind die meisten Teublitzer/innen mit dem Bau des Gewerbegebiets einverstanden. Das ist Demokratie, und so äußerte sich Bürgermeister Thomas Beer und andere CSU-Vertreter sogar lobend zum Einsatz der Bürgerinitiativen. Auch die Stadt Teublitz habe das Recht, sich städtebaulich weiterzuentwickeln, heißt es in der aktuellen Bürgerbroschüre.

Stadt Teublitz noch nicht Grundstückseigentümerin

In dem neuen Gewerbegebiet ist die Ansiedlung von Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen geplant, darunter produzierendes und dienstleistendes Gewerbe sowie Handwerksbetriebe, es lägen bereits zahlreiche Bewerbungen für die Flächen vor, die momentan von der Stadtverwaltung gesammelt werden. Es sei noch keine Vergabe bzw. engere Auswahl einzelner Firmen erfolgt, hieß es aus der städtischen Fachabteilung „Bau“ auf Nachfrage von LOKAL. Es könne daher noch keine Aussage über die Anzahl der zu entstehenden Arbeitsplätze getroffen werden. Unter anderem hätten sich auch verschiedene Autobahnrasthof-Unternehmen beworben, auch diesbezüglich wurde noch keine Entscheidung getroffen.

Die Stadt Teublitz sei noch nicht Grundstückseigentümerin der Gewerbegebietsfläche, es seien bisher auch noch keine konkreten Verhandlungen bezüglich des Weiterverkaufs geführt worden. „Für diesen erforderlichen Grunderwerb ist nach den Vorgaben des Freistaates Bayern zwingend vorab ein rechtskräftiger Bebauungsplan erforderlich und eben dieses Bauleitplanverfahren wird derzeit durchgeführt“, hieß es in der Stellungnahme.

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