„Die Interessen aller müssen gewahrt werden, nicht nur die der Industrie!“

Steinbrucherweiterung im Spannungsfeld „David gegen Goliath“

BURGLENGENFELD (sr/lz). Heidelberg Materials plant ihren bestehenden Steinbruch um etwa 45 ha nördlich Richtung Saaß, Bubenhof und Dirnau zu erweitern. Der größte Teil dieses Gebietes wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Der Abbauprozess bei Heidelberg Materials umfasst Sprengungen, den Einsatz von Radladern sowie Schwerlastkraftwagen und die Zerkleinerung durch Brecheranlagen.

Das aktuelle Antragsverfahren wurde mittlerweile eröffnet und umfasst die Genehmigung bis zum Jahr 2066. Darüber hinaus ist eine weitere Ausbreitung des Abbaugebietes nach Nordosten bis in die Nähe der Ortsgrenze von Pottenstetten und Richthof im Bereich des Möglichen. Auch die Ortsverbindung Pottenstetten nach Premberg könnte dem Abbauprozess zum Opfer fallen.

Mittlerweile haben sich bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der betroffenen Siedlungen Frust und Angst breitgemacht. Es werden Straßensperrungen bei Sprengungen befürchtet, ebenso wie erhöhte Staubbelastung, Schäden an den Gebäuden durch Erschütterungen sowie ihr Werteverfall.

Der Sprengradius soll sich laut Informationen von Heidelberg Materials von 300 m auf 150 m verkleinern, in diesem Bereich dürfen sich dann während einer Sprengung keine Personen aufhalten.

Laut Medienberichten sind sich die betroffenen Bewohner auch nicht sicher, ob mit dem angegebenen Jahr 2066 der Gesteinsabbau wirklich beendet werde. Denn es gebe weitere, von der Bayerischen Staatsregierung festgelegte Vorhalteflächen, wo noch abgebaut werden könnte. Betroffen wären dann auch die Weiler Bubenhof und Richthof. Jetzt betroffen sind in jedem Fall die Gebäude des Reit- und Fahrvereins Dirnau e. V.

Von dort erreichte die LOKAL-Redaktion eine Stellungnahme. Sarah Reif, Vorsitzende des Vereins betont zunächst, dass es um den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region gehe, was ein bestimmendes Thema sei. Ohne Zement ginge außerdem weltweit gar nichts – eine Tatsache, die Heidelberg Materials auch weiterhin wohl den Absatz sichere.

Existenzen stehen auf dem Spiel!

„Auf der Kehrseite der Medaille stehen jedoch Flächenfraß, stark belastete Infrastrukturen wie Straßen und Brücken, verlorene landwirtschaftliche Nutzflächen, Emissionen, Sprengung, Staub, Druckwellen, Wasser“, heißt es weiter. „Und es geht um Sicherheitszonen, die während einer Sprengung freigehalten werden müssen. Häuser die keine feste Betondecke haben, müssen während den Sprengungen geräumt werden. Bauern müssen während der Flurarbeiten das Gebiet räumen. Personen dürfen ihre Häuser nicht verlassen – es darf niemand rein oder raus, auch Polizei und Notdienste nicht!“ Denn dies betreffe auch die Ortsverbindung Burglengenfeld – Dirnau – Bubenhof – Saaß, die ebenfalls während einer Sprengung innerhalb des Sprengradius gesperrt werden müsse.

Hauptbetroffen seien die Ortschaften Saaß, Bubenhof, und Dirnau mit dem Pferdehof. Ihnen gingen Flächen zur Bewirtschaftung durch die Steinbruch-Erweiterung verloren. Vor allem bei dem Pensions-Reitstall in Dirnau und dem dort ansässigen Reit- und Fahrverein mit seinen 260 Mitgliedern gehe es „schlichtweg um die Existenz. Beide sind voneinander abhängig.“

Ein wirtschaftliches Betreiben sei dann durch die geänderten Verhältnisse in der jetzigen Form nicht mehr möglich. „Koppelflächen gehen zur Nutzung verloren, da die Koppeln teilweise bis auf 25m an die Abbruchkante angrenzen werden. Da Pferde Fluchttiere sind und panisch auf Erschütterungen reagieren, ist eine Haltung auf diesen Flächen tierartgerecht nicht mehr möglich.

Versorgungsabläufe könnten wie bisher nicht mehr abgebildet werden, und Einsteller dürften ausbleiben“, so befürchtet Sarah Reif. „Bereits jetzt kommt es mit dem aktuellen Abstand zur Abbruchkante bei Sprengungen zum Aufschrecken der Pferde. Pferde in Panik können lebensgefährlich werden. Aktuell wird aber bei keiner Sprengung geräumt!“

Hinzu komme in Saaß die denkmalgeschützte Dorfkapelle sowie ein städtischer Kinderspielplatz, die sich im betroffenen Bereich befänden.

Emotionale Bürgerversammlung

Am 3. Mai 2024 fand in Pottenstetten im Gasthaus Steinbauer eine eigens organisierte Bürgerversammlung mit Vertretern von Heidelberg Materials, Politikern den Bürgern der angrenzenden Ortschaften statt. Projektleiter Stefan Ventur von Heidelberg Materials erläuterte die jeweiligen Stufen der Erweiterung. Bei einer anschließenden Fragerunde stand er auf die Fragen aus der Bevölkerung Rede und Antwort. Hauptthemen der Menschen waren Emission, Verkehrsbelastungen und Sicherheitsradien. Vor allem aber wurden mögliche Gebäudeschäden, Abfindungen und Ausgleichsleistungen teils emotional angesprochen. Hierzu konnten vor Ort keine Antworten gegeben werden, die Fragen würden aber laut Ventur zur Klärung weitergeleitet.

Die Vorstandschaft des betroffenen Reit- und Fahrvereins Dirnau sei sehr an einer proaktiven Kommunikation gelegen, heißt es in der Stellungnahme weiter. Eine sachliche Bewertung auf beiden Seiten ohne Taktieren sei gefordert, um Auswirkungen und Folgen abzumildern.

Sarah Reif abschließend: „Die Interessen aller müssen gewahrt werden, nicht nur die der Industrie. Letztendlich werden Weichen für die Zukunft gestellt, für Kinder und Enkelkinder!“ Existenzen müssten „vollumfänglich, bedingungslos und ohne Einschränkungen abgesichert oder entschädigt werden“, denn es könne nicht sein, dass Heidelberg Materials voll und ganz der Nutznießer sei und die Betroffenen in diesem Konflikt auf der Strecke blieben, oder ganz untergehen – „zugunsten des Mächtigeren“.

Informationen zum Verein findet man online unter www.rufv-dirnau.de sowie in den Sozialen Medien auf Facebook und Instagram.